# taz.de -- Großstadtdschungel in Berlin: Von wegen Rummelsburg! | |
> Seit 25 Jahren arbeitet man am Bebauungsplan an der Rummelsburger Bucht, | |
> zuletzt plante ein Investor ein Riesen-Aquarium. Doch es passiert – | |
> nichts. | |
Bild: Noch ist das hier eine urbane Wildnis: Joggerin an der Rummelsburger Bucht | |
Bauzäune grenzen das Gebiet schon heute ab. Sie sind der einzige Hinweis | |
auf das, was kommen soll. Dahinter Brachland und Müll. In den letzten | |
Jahren entstanden viele neue Wohnungen an der Rummelsburger Bucht. Nur am | |
nördlichen Ende, unweit des Ostkreuzes, ist seit Jahren nichts geschehen. | |
„Das Gebiet sollte zivilisiert werden“, sagt Hans Pagel vom | |
Nachbarschaftsverein „Wohnen in Rummelsburg“ (WiR). Obdachlose hinterließen | |
ihren Müll, und im Dunkeln fühlten sich einige Bewohner der Bucht unsicher, | |
so Pagel. Auf den verwahrlosten Flächen wollte Berlin schon lange ein neues | |
Kiezzentrum errichten. Eigentlich schon seit 1992. | |
Doch erst im September 2017 unterschrieb der Bezirk Lichtenberg mit den | |
Investoren der „Coral World International“ (CWI) einen Vertrag über die | |
[1][Errichtung und Pflege eines öffentlichen Parks] an der Bucht. | |
Bezirksbürgermeister Michael Grunst freute sich über zukünftige neue | |
Arbeitsplätze und eine „Aufwertung“ der Gegend. Auf insgesamt 22.000 | |
Quadratmeter wolle die CWI ein sogenanntes Wasserhaus und einen Park bauen. | |
40 Millionen Euro sollen allein für das Aquarium ausgegeben werden. Man | |
wähnte sich fast am Ziel. | |
„Schon seit 25 Jahren wird der Bebauungsplan bearbeitet. Viele Köche waren | |
und sind mit am Werk“, sagte die Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung, | |
Birgit Monteiro, bei Vertragsunterzeichnung. Nun sei das Verfahren nahezu | |
abgeschlossen. Doch dem war nicht so. | |
Der sogenannte B-Plan ist immer noch nicht rechtsgültig, und so wird auch | |
dieses Jahr vorerst nichts passieren am Rummelsburger See. „Es gab eine | |
Rechtsprüfung und dann kleine Änderungen. Dadurch müssen wir wieder eine | |
eingeschränkte Beteiligung öffentlicher Träger durchführen und dann wieder | |
in die Rechtsprüfung“, gibt Monteiro an. Sie hofft nun, dass der B-Plan bis | |
Ende 2018 festgesetzt wird. | |
Der Milliardärssohn Benjamin Kahn, Präsident der CWI, entdeckte den | |
Standort 2014 für sein neues Bauprojekt „Wasserhaus“. Die Firma betreibt | |
ähnliche Anlagen bereits in Israel, auf Mallorca und Hawaii. In Berlin | |
solle der Fokus auf Korallen und Wasserschutz liegen, so die CWI. | |
## Kritik von Anwohnern | |
Kritiker sehen in dem Projekt allerdings ein Aquarium im Stile von Sea | |
World und protestierten bei Vertragsunterzeichnung gegen die Pläne. „Das | |
ist nicht die Intention“, widerspricht Gabriele Thöne, ehemalige Chefin der | |
Zoo-AG und Projektdirektorin der „Coral World Berlin“. Man verstehe sich | |
eher als Museum. | |
Das lange Warten auf den B-Plan ist ein Problem für die Investoren in der | |
Bucht. „Das ist total ungünstig“, sagt Architektin Anna Maske, die für die | |
CWI arbeitet. „Wir reden über vier Jahre Verzögerung. Für einen Investor | |
bedeutet das einfach wahnsinnig hohe Kosten.“ | |
Kahn und die CWI könnte man als Glücksfall für die Verantwortlichen im | |
Bezirk bezeichnen. Nicht nur rechnet die Firma mit einer halben Millionen | |
Touristen jährlich, das Projekt hatte nach Aussage von Thöne auch | |
„Ankerwirkung“ für andere Investoren in der Bucht. | |
Aus Investorensicht kam mit Kahn ein Highlight für den Standort. Wenn der | |
B-Plan rechtskräftig ist, wolle man gleichzeitig mit dem Bau beginnen. „Wir | |
rechnen mit drei bis fünf Jahren Bauzeit, danach ist das ganze Quartier | |
fertig“, sagt Anna Maske. | |
Neben dem „Wasserhaus“ soll die städtische Howoge 200 Wohnungen mit Blick | |
auf den See bauen. Die Hälfte von ihnen muss laut Kooperationsvereinbarung | |
für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. An Kynast- und Hauptstraße | |
möchte eine Firma der Unternehmensgruppe Streletzki ein Hotel bauen. Sie | |
betreibt unter anderem bereits das Estrel in Neukölln. | |
Am Paul-und-Paula-Ufer sollen Gewerbeflächen und weitere Wohnungen | |
entstehen. 350 neue Wohnungen sollen am Rummelsburger See insgesamt gebaut | |
werden. Die betreffenden Grundstücke wurden laut Angaben der | |
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits verkauft. Hier wollen unter | |
anderem die Immobilienfirmen Investa Real Estate und die Padovicz | |
Unternehmensgruppe bauen. | |
Viele Anwohner freuen sich über die geplanten Veränderungen im Quartier. | |
Weil Vertreter der „Coral World“ schon 2015 auf Bürgerveranstaltung über | |
ihre Pläne informierten, konnten sie viele aus dem Kiez für die Idee | |
„Wasserhaus“ begeistern. „Das wird ein Highlight in der Bucht sein, und w… | |
hoffen auch, dass dadurch die Verschmutzung des Sees mehr in den Fokus | |
gerät“, sagt Hans Pagel vom Nachbarschaftsverein WiR. | |
Es ist wohl nur der vergiftete Rummelsburger See, der den Bezirk noch | |
länger beschäftigen wird als die Bebauung der Brache an der Bucht. Denn | |
hier stehen immerhin schon die Bauzäune. | |
19 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Rebecca Barth | |
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