# taz.de -- Kolumne Der rechte Rand: Linke fordert Untersuchungsausschuss | |
> Bereits der Vorgänger des vom NSU ermordeten Imbissverkäufers Mehmet | |
> Turgut war Ziel von Angriffen. Diese Information gaben zwei Behörden | |
> nicht weiter. | |
Bild: Zum Gedenken an den 2004 ermordeten Imbissverkäufer Mehmet Turgut | |
Warum mein Sohn, warum mein Bruder, warum mein Onkel? Das fragen sich viele | |
der Angehörigen der zehn Mordopfer des NSU wohl heute noch immer. Antworten | |
darauf erhalten sie nicht, auch nach zwölf Bundestags- und | |
Landtagsuntersuchungsausschüssen und 404 Gerichtstagen in der | |
Hauptverhandlung nicht. | |
Eine Anfrage der Linken offenbarte aber gerade, dass Bundeskriminalamt und | |
Bundesanwaltschaft 1998 nicht weitergegeben haben, dass der damalige | |
Rostocker Imbissbetreiber Haydar A. und sein Imbiss Ziel eines Angriff | |
geworden waren. 2004 wurde dann in demselben Imbiss der Verkäufer Mehmet | |
Turgut vom NSU ermordet. | |
„Skandalös“, sagt die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner. Weder die | |
Beteiligten im Prozess noch die Mitglieder in den | |
Bundestagsuntersuchungsausschüssen hätten diese Information erhalten, | |
obwohl dieser Hinweis Aufschlüsse über mögliche Unterstützer des Trios | |
hätte geben können. | |
Am 25. Februar vor 14 Jahren sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Turgut, | |
der in dem Kiosk im Rostocker Stadtteil Toitenwinkel aushalf, gezielt | |
hingerichtet haben. Die Sicherheitsbehörden räumten nun gegenüber Renner | |
ein, dass bereits 1998 der Besitzer Haydar A. körperlich angegriffen worden | |
war und einen Monat später ein mutmaßlicher Brandanschlag auf den Imbiss | |
verübt worden wäre. Ein Zusammenhang zum NSU wurde nicht gesehen – auch | |
später wohl nicht. | |
Für Renner unglaublich, denn: „Wir wissen, dass Mundlos, Böhnhardt und | |
Zschäpe sich in den 1990er-Jahren regelmäßig in Rostock aufgehalten haben | |
und dort sowohl befreundete Neonazis als auch die Cousine von Böhnhardt | |
besucht haben, die in diesem Zeitraum in der Nähe des Imbisses lebte“, | |
erklärt sie. Die Linke im Schweriner Landtag fordert jetzt einen | |
parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit allen Rechten. | |
## Der Vorwurf wiegt schwer | |
Der Vorwurf, dass die Sicherheitsbehörden Hinweise in die rechtsextreme | |
Szene erst ignorierten und dann verschwiegen, würde schwer wiegen. „Diese | |
Frage muss durch einen Untersuchungsausschuss auf Landesebene dringend | |
geklärt werden und dafür müssen dem Schweriner Landtag alle zu den | |
Angriffen auf den Imbiss noch vorhandenen Akten vorgelegt werden“, sagt | |
Renner. | |
Der Innenexperte der Linken, Peter Ritter, schiebt nach, dass der jetzige | |
Ausschuss nur eine „Beruhigungspille“ sei. Im Ausschuss hatte der | |
Politikwissenschaftler Gideon Botsch Ende 2017 bereits angemahnt, dass die | |
Ermittler die Spuren in die rechte Szene sträflich vernachlässigt hätten. | |
„Damit ist eine reale Chance verpasst worden, dem NSU auf die Spur zu | |
kommen, scheint mir offensichtlich“, so Botsch. | |
18 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Sicherheitsbehörden | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
Politische Morde | |
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Schwerpunkt Rechter Terror | |
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