# taz.de -- Automesse in Detroit: Show der Postpotenten | |
> Die PS-Protze auf der Detroiter Automesse sind eine Provokation für | |
> Umweltschützer. Diesel und der dazugehörige Skandal sind kein Thema. | |
Bild: Fossilartig: Ex-Terminator Arnold Schwarzenegger und Autoboss Dieter Zets… | |
Feuerfontänen speien, Arnold Schwarzenegger steigt im Michigan Theatre von | |
Detroit samt Cowboyhut und Gürtelschnalle aus einem nigelnagelneuen 422 | |
PS-starken SUV aus dem Haus Mercedes. „I love this car“, raunzt der | |
Ex-Terminator und Ex-Gouverneur dem genauso fossilartigen Autoboss Dieter | |
Zetsche zu, dann stoßen beide mit österreichischem Schnaps an. Bei der Show | |
der Postpotenten erklärt Arnie, er und das Auto seien „fast Zwillinge“, | |
weil die immer noch ziemlich kastenartige neue G-Klasse ja auch in der | |
Steiermark gebaut werde. | |
Die ist zwar 5 Zentimeter länger und 12 breiter geworden als die | |
Vorgängerversion, die „Wattiefe“ steigt um 10 auf 70 Zentimeter – in so | |
tiefem Wasser kann das Auto also ohne abzusaufen fahren. Allerdings | |
verbraucht er laut Werk immer noch 11,1 Liter auf 100 Kilometer, der | |
CO2-Ausstoß liegt bei 263 Gramm pro Kilometer. | |
Der G-Protz ist zwar, wie vieles auf der ersten Show des Autojahres, hoch | |
profitabel, aber eine handfeste Provokation für Umweltschützer. Nicht nur | |
Mercedes präsentiert in Detroit PS-Bonzen und Spritschleudern, als ob es | |
weder Klimawandel noch Abgas-, Flächenfraß- oder gar Parkplatzprobleme | |
gebe. | |
Aber: Die USA sind mit gut 17 Millionen verkauften Autos eben zweitgrößter | |
Markt überhaupt. Und von den deutschen Herstellern kamen 1,35 Millionen | |
Kisten. Dieses Jahr sollen es natürlich mehr sein. Da kann man ruhig etwas | |
rustikaler auftreten. Diesel und der dazugehörige Skandal sind in Detroit | |
zum Glück kein Thema – genauso wenig wie die Erderwärmung. | |
Detroit zeigt das bigotte Dilemma der Szene: Die Messe in der einstigen | |
Autowelthauptstadt ist zwar für US-Käufer, die auf Monster-SUVs, Pickups | |
und Blingbling stehen, gemacht. Aber die Hightech-Konzerne aus Kalifornien | |
präsentierten sich mit ihren E- und autonomen Kisten schon in Las Vegas auf | |
der Technik-Schau CES. Ford spielt auch noch in der Liga der Gaspedalflegel | |
mit. Der US-Autobauer Nr. 2 kündigte zwar an, seine Investitionen in | |
E-Autos und Hybride bis 2022 auf elf Milliarden Euro mehr als zu | |
verdoppeln, stellte aber in Detroit keinen einzigen neuen Stromer vor. | |
## Billigfertigung und McJobs in Mexiko | |
Für die Europäer ist sowieso nicht alles Gold: Die milliardenschwere | |
Branche zittert vor Tweets von US-Präsident Donald Trump, Nafta, das | |
Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko, zu kündigen. Kanadas | |
Außenministerin Chrystia Freeland sagte bereits zum Messeauftakt, ihr Land | |
bereite sich „auf das Schlimmste vor“. Dann wären die | |
Milliardeninvestitionen in Fabriken in Mexiko ziemlich perdu. | |
Auch die Deutschen haben Produktionsketten für die USA aufgebaut, die von | |
Billigfertigung und McJobs in Mexiko abhängen. Zollfreier Handel ist immens | |
wichtig für sie. Immerhin: Trumps Steuerreform bringt auch den Deutschen | |
Milliarden. | |
Zum Beispiel VW. Seit Jahrzehnten fertigen die Wolfsburger im mexikanischen | |
Puebla, darunter den in Detroit neu präsentierten Jetta. „Das macht uns | |
Sorgen“, sagt Markenchef Herbert Diess. | |
Und BMW? Die Münchner hatten mit ihrem Werk in Spartanburg als einer der | |
ersten Deutschen frühzeitig eine große Basis in den USA bezogen. Jetzt | |
stehen sie unter Beschuss, weil sie auch ein Werk in Mexiko planen. Dieter | |
Zetsche weiß, dass er sich wohl nicht mehr oft zum PR-Termin mit | |
Schwarzenegger treffen wird. | |
Auch Daimler steht vor großen Änderungen. Zetsche schließt Strafzahlungen | |
für Mercedes wegen zu hoher CO2-Emissionen ab 2021 nicht mehr aus – | |
allerdings in der EU. So klar war das in der Vergangenheit nicht zu hören. | |
17 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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