| # taz.de -- Kommentar Wachstum in Deutschland: Löhne hoch, um den Euro zu rett… | |
| > Wenn die Gehälter kaum steigen, wird es schwierig mit dem Wachstum. Würde | |
| > Deutschland in eine Rezession schlittern, wäre die Eurokrise wieder | |
| > aktuell. | |
| Bild: Die IG-Metall demonstriert in Schweinfurt für höhere Löhne | |
| Quizfrage: Wie wahrscheinlich ist es, dass die deutsche Wirtschaft in | |
| diesem Jahr um 2,2 Prozent wächst? Diese Frage stellt sich, weil das | |
| Statistische Bundesamt jetzt geschätzt hat, dass 2017 das Wachstum in | |
| dieser Höhe lag. | |
| Sicher ist: Das Wachstum ist nicht so „robust“, derzeit das Lieblingswort | |
| der Ökonomen, wie es aussieht. Denn es irritiert, dass bei den | |
| Beschäftigten fast nichts vom Boom ankommt. 2017 wuchs die Wirtschaft zwar | |
| um 2,2 Prozent – doch die realen Tariflöhne legten nur um 0,6 Prozent zu. | |
| Die Gehälter machen aber den größten Teil der Nachfrage aus. Wenn sie kaum | |
| steigen, wird es schwierig mit dem Wachstum. | |
| Trotzdem prognostizieren die allermeisten Ökonomen, dass sich das Wachstum | |
| ungestört fortsetzt. Sie setzen darauf, dass der Bauboom weitergeht, dass | |
| Firmen und Staat investieren – und dass das Ausland kräftig deutsche Waren | |
| kauft. | |
| Man kann nur hoffen, dass diese Sondereffekte ausreichen, um stabiles | |
| Wachstum zu garantieren. Würde nämlich Deutschland in eine Rezession | |
| schlittern – wäre die Eurokrise sofort wieder aktuell und der Euro wohl | |
| nicht mehr zu retten. | |
| In der Eurozone ist Deutschland nämlich die einzige große Volkswirtschaft, | |
| die dynamisch wächst. Italien kam 2017 nur auf 1,5 Prozent Wachstum, und | |
| bei Frankreich waren es 1,6 Prozent. Deutschland ist also die alleinige | |
| „Lokomotive“ für die Eurozonen-Konjunktur. | |
| Die Schwäche der anderen großen Eurostaaten ist beängstigend, weil die | |
| Europäische Zentralbank noch immer Milliarden in die Banken pumpt, um die | |
| Zinsen zu drücken. Das macht nicht nur Investitionen billiger, auch der | |
| Euro sinkt im Vergleich zum Dollar. Die europäischen Waren werden damit auf | |
| den Weltmärkten günstiger – kein Wunder also, dass die Exporte boomen. | |
| Die Deutschen sollten sich nicht darauf verlassen, dass die Zinsen ewig bei | |
| null dümpeln. Wenn die Wirtschaft „robust“ sein soll, müssen endlich die | |
| Löhne steigen. | |
| 11 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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