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# taz.de -- Sanktionen gegen Polen: EU-Kommission beantragt Verfahren
> Anfang 2016 erhob Brüssel erstmals Bedenken wegen möglicher
> Rechtsstaatsverstöße. Es ist das erste Verfahren dieser Art in der
> Geschichte der Gemeinschaft.
Bild: Eu-Kommissionspräsident Juncker (r.) und der deutsche EU-Kommissar Günt…
Brüssel dpa | Die EU-Kommission will ein Sanktionsverfahren gegen Polen
wegen Gefährdung von Grundwerten der Europäischen Union einleiten. Dies
teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit.
Es ist das erste Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge in der Geschichte
der Gemeinschaft. Grund sind die Justizreformen der nationalkonservativen
Regierungspartei PiS, die aus Sicht der Kommission die Rechtsstaatlichkeit
und die Gewaltenteilung aushöhlen.
Man tue dies nur schweren Herzens, aber es gebe keine andere Option, sagte
Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans. „Es geht hier nicht nur um
Polen, es geht um die gesamte Europäische Union.“
Allerdings betonte er die weitere Dialogbereitschaft der Kommission.
Außerdem gab er klare Empfehlungen an die Regierung in Warschau, wie sie
den Konflikt beilegen könne. Sollte sie dem binnen drei Monaten folgen,
werde die Kommission erneut beraten, sagte Timmermans. Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker [1][teilte auf Twitter mit], dass er Polens
Regierungschef Mateusz Morawiecki für den 9. Januar zum Gespräch eingeladen
habe.
## Unterschrift von Präsident Duda fehlte zuletzt noch
Entscheidungen im Verfahren nach Artikel 7 liegen beim Rat der
Mitgliedsländer. Nach dem Antrag der Kommission könnten diese mit
Vier-Fünftel-Mehrheit feststellen, dass die Gefahr einer schwerwiegenden
Verletzung der Grundwerte der EU besteht. Vorher muss er allerdings die
Zustimmung des Europaparlaments einholen, das erst im Januar wieder tagt.
Der neue polnische Ministerpräsident Morawiecki hatte zuletzt ein Gespräch
mit EU-Kommissionspräsident Juncker für Januar angekündigt. Zudem hatte er
gesagt, er hoffe, Warschau und Brüssel würden auch im Falle eines
Verfahrens eine Ebene der Zusammenarbeit finden. Allerdings lehnte er die
Rücknahme der Justizreformen ab, die den Streit mit Brüssel zuletzt
eskalieren ließen.
Die polnische Regierungspartei PiS hatte in den vergangenen Tagen zwei
weitere Gesetze durch das Parlament gebracht, mit denen das Oberste Gericht
und der Landesjustizrat reformiert werden sollen. Die Unterschrift von
Präsident Andrzej Duda fehlte zuletzt noch.
## Schärfste mögliche Maßregelung
Rechtsexperten kritisieren, mit der Neuregelung gewinne die PiS Einfluss
auf Richter und Gerichte. Die EU-Kommission warnt schon seit Anfang 2016,
dass die bereits damals begonnenen Justizreformen in Polen den Rechtsstaat
aushöhlen könnten.
Die Bundesregierung unterstützt die Linie der Kommission: „Die Kommission
hat es sich wirklich nicht leicht gemacht“, sagte ihr Sprecher Steffen
Seibert in Berlin. Der Entscheidung sei ein konstruktiver und intensiver
Dialog vorausgegangen.
Das Verfahren nach Artikel 7 gilt als schärfste mögliche Maßregelung eines
Mitgliedsstaats. Als letzte Konsequenz ist damit die Aussetzung von
Stimmrechten möglich. Allerdings sind die Hürden hoch.
Sollte der Rat die Gefahr einer Verletzung der Rechtsstaatlichkeit
feststellen, wäre dies zunächst mit Empfehlungen an Polen verbunden. Erst
im nächsten Schritt könnte der Rat die tatsächliche Verletzung der
Rechtsstaatlichkeit festhalten – allerdings nur einstimmig. Da Ungarn sein
Veto angekündigt hat, gilt dies als unwahrscheinlich. In dem Fall wäre auch
die Aussetzung der Stimmrechte nicht möglich.
20 Dec 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/JunckerEU/status/943450994431680512
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