Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Afrikanische Designer: Sich gut kleiden ist wichtig!
> Sape, Wax und Mix: Im Pariser Viertel Goutte d’Or gibt es kleine
> Schneiderwerkstätten, aber auch neue Designer – erschwingliche und
> unbezahlbare.
Bild: Manchmal darf es bunt sein – traditionelle afrikanische Stoffe
Er ist sicherlich der eleganteste Mann des Viertels. Jocelyn Armel Le
Bachelor trägt Anzüge, verkauft Anzüge und sagt von sich: „Ich bin die
Königin der Farben.“ Die Jacketts in seinem kleinen Laden „Sape & Co“ in
der Rue du Panama im 18. Arrondissement sind gelb, rot oder auch
rosa-weiß-gestreift. Keine Farben, hinter denen sich der Anzugträger
verstecken kann. Dazu Hose, Hemd, Weste, Einstecktuch, ein buntes Farb- und
Mustermix.
Der afrikanische Dandy kommt aus Brazzaville-Kongo, wo die Bewegung des
„Sape“ in den 60er Jahren entstanden ist, der Armut und dem Regime zum
Trotz. Eine Adaption und zugleich Umkehrung des westlichen Kleidungsstils.
„Se saper, sich anziehen – und das meint, sich gut anziehen, sich hübsch
machen –, dieser Begriff ist in den französischen Sprachgebrauch
übergegangen.
Westliche Anzüge seien grau und langweilig, befindet der Bachelor, der als
Kind im Kongo aufwuchs, später bei Daniel Hechter als Verkäufer arbeitete
und mit „Connivences“ seine eigene Anzugmarke geschaffen hat. Ab 249 Euro
aufwärts kostet ein Anzug, fertigen lässt er industriell in Italien,
Rumänien oder der Türkei. „Im Kongo produziert das ja leider niemand“, sa…
er bedauernd.
## Die jungen Afrofranzosen
Nicht ganz so exzentrisch oder retro ist das Label, das sich den Namen des
Viertels bzw. seiner Metrostation zu eigen gemacht hat: Maison Château
Rouge. Es steht für die junge Generation der Afrofranzosen, die keine Mode
ex- oder importieren, sondern ihren eigenen Stil suchen. Château Rouge
kombiniert die traditionellen afrikanischen Baumwollstoffe, den Wax, mit
sportlicheren Schnitten, urbaner Mode. Alles unisex.
Der Wax ist eine eigene Geschichte wert, denn das ursprünglich javanesische
Batikverfahren fand über holländische Kolonisatoren den Weg in die
Niederlande und von dort nach Afrika; noch heute wird in den Niederlanden
Wax für den Weltmarkt produziert, während in Afrika chinesische Firmen in
die Produktion eingestiegen sind. Château Rouge bezieht seinen Wax aus den
Niederlanden, lässt die Stoffe jedoch von einer Frauenkooperative im
Senegal verarbeiten. Das ist nicht wirklich billig, aber „die Leute, die
bei uns ein T-Shirt für 100 Euro kaufen, unterstützen damit bewusst das
Projekt im Senegal“, erklärt Yoann Maillé, einer der Gründer von Château
Rouge.
„Es gibt noch anderes als das Wax“, sagt Nelly Mbonou, „und andere Typen
Wax. Aber oft sagen die Leute, das ist nicht typisch afrikanisch.“ Mbonou,
38, hat ein eigenes Kleiderlabel, Juneshop, aber keinen eigenen Laden. Ihr
geht es „um Afrika, wie man es nicht kennt“. Schon allein deshalb haben
sich die Erfinderinnen von Africamontmartre aus dem „abgezäunten
Quadratkilometer Afrika“ wegbewegt.
## Klein, aber teuer
Mbonou und ihre jüngere Kollegin Mohéna Diwouta-Loth sitzen auf dem Sofa in
der Wohnung im 19. Arrondissement, in der Nelly Mbonou vorne ihr Atelier
und hinten ihre Wohnung hat. Africamontmartre ist keine Marke, sondern ein
Verein, gegründet von vier Frauen, alle mit afrikanischen Wurzeln, jede
selbstständig und mit eigenem Label. Diwouta-Loth kreiert Schmuck für ihr
Label Ohea. Einmal im Jahr bespielen sie eine Straße mit temporären Läden
im Montmartre.
Nelly Mbonou und Mohéna Diwouta-Loth haben beide kamerunische Wurzeln,
beide beziehen ihre Materialien aus Kamerun. Mbonou hat dort auch eine
Produktionsstätte. „Es heißt immer, was aus Afrika kommt, ist billig“,
ärgert sie sich. „Kleidung ist wichtig, überall in Afrika. Und wenn man
nichts zu essen hat, ist es umso wichtiger.“
Mbonous Kollektion bleibt klein – und bezahlbar. „Wir stellen nur Sachen
her, die wir uns auch selbst leisten können.“ Hatte sie anfangs fast nur
weiße Kundinnen, hat sich das geändert. „Die Afrofranzosen wollten damals
nicht auffallen“, sagt sie. „Aber die neue Generation hat mehr Geld – und
auch mehr Selbstbewusstsein.“
30 Dec 2017
## AUTOREN
Sabine Seifert
## TAGS
Paris
Afrika
Design
Mode
Mode
taz.gazete
Afrika
Design
Ruanda
## ARTIKEL ZUM THEMA
Aufstieg der Luxusmarke Bulgari: Ein glänzendes Geschäft
Krieg, Hippies, Tourismus: Eine Ausstellung zeigt, wie sich auch kulturelle
Phänomene in der Ästhetik des italienischen Nobellabels niederschlagen.
Stylistin über afrikanische Mode: „Man sollte auf die Quelle hinweisen“
Beatrace Angut Oola hat die Informationsplattform „Fashion Africa Now“
gegründet. Die vernetzt Menschen afrikanischer Herkunft im Bereich
Modedesign.
Mode und Gesellschaft: Es wird Winter auf der Haut
Sie denken, in den dunklen und kalten Monaten hat bloß Konjunktur, was warm
hält? Sie liegen falsch. Ein Überblick zu aktuellen Trends.
Bildband „African Catwalk“: Modische Entwicklungspolitik
Per-Anders Pettersson erkundet im Bildband „African Catwalk“ die
Modebranche in Afrika. Seine Fotografien sind zudem ein politisches
Statement.
Afrikanische Moderne in Weil am Rhein: Mach es zusammen mit anderen
Zwei Ausstellungen im Vitra Design Museum zeigen aktuelles Design aus
sieben afrikanischen Ländern und die Architektur der Dekolonisierung.
Ruandas junge Generation: „Einfach ruandaful“
Schnelles Internet, schöne Models. Wie eine Generation ein neues
Lebensgefühl sucht – jenseits von Trauer und Depression.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.