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# taz.de -- Schülerlotsen in Berlin: Hier läuft was verkehrt
> Die größte Gefahr für Schülerlotsen sind die Autos von Eltern. Die Frage
> zum Schulstart nach den Weihnachtsferien lautet also: Wie erzieht man die
> Eltern?
Bild: Bisweilen ein gefährlicher Job: Schülerlotsin in Frohnau
Das Thema Schulwegsicherheit erregte vor einem Jahr die Gemüter der
Berliner Eltern: Zunächst brachte die Werbellinsee-Grundschule an der
Eisenacher Straße ihre Schülerlotsen in Sicherheit, nachdem sich zwei
Autofahrer morgens einfach durch die jungen VerkehrshelferInnen gedrängelt
hatten. Ein Grund für das morgendliche Verkehrschaos, so Schulleiterin
Sabine Schirop damals, seien vor allem wild parkende Eltern, die ihren
Nachwuchs gerne bis direkt vor das Schultor chauffierten.
Aufgeschreckt versprachen die PolitikerInnen damals schnelle Hilfe: In
Schöneberg dachte die Grünen-Fraktion im Bezirksparlament laut über
morgendliche Straßensperrungen vor Schulen nach – was sogar die
Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) Ende Januar in
einer Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses befürwortete, bevor diese Idee
dann als praktisch nur schwer durchführbar zu den Akten gelegt wurde.
In Spandau versprach derweil Stephan Machulik (SPD), Stadtrat im
Ordnungsamt, sich der Parksituation vor der Grundschule an der Pulvermühle
anzunehmen. Diese hatte im Januar ebenfalls ihre Schülerlotsen abgezogen.
Vielleicht könnten ja speziell ausgewiesene Elternhaltestellen in der Nähe
des Schultors – wie es einige Grundschulen bereits handhaben – die Lösung
sein, überlegte der Stadtrat.
## Eltern zur Vorsicht zwingen
Das erklärte Ziel war also, die autofahrenden Eltern zur Vorsicht zu
zwingen. Tatsächlich aber fahren und parken die Eltern ein Jahr nach den
Vorfällen mehr oder weniger wie bisher: An der Kreuzung vor der
Werbellinsee-Grundschule habe sich „nichts verändert“, schreibt Schirop ein
Jahr später. Und auch in Spandau sei die Situation weiter „suboptimal“,
sagt Stadtrat Machulik. Noch immer drängelten sich morgens zu viele
Elterntaxis vor dem Schultor.
Die Schülerlotsen stehen inzwischen dennoch wieder vor der Spandauer
Schule. Es habe „bauliche Veränderungen“ gegeben, sagt Machulik. Die
SchülerInnen queren die Straße jetzt nicht mehr in eine schwer einsehbare
Parkbucht, sondern laufen direkt hoch auf den Gehweg. Und auch vor der
Schöneberger Grundschule stehen die SchülerlotsInnen morgens vor
Schulbeginn wieder auf der Kreuzung – in elterlicher Begleitung, für die
man einen „ausgefeilten Einsatzplan“ erstellt habe, wie Schirop mitteilt.
Doch auch wenn Eltern und SchülerInnen „sehr zufrieden“ seien mit dem neuen
Konzept, wie Schulleiterin Schirop versichert – das ist eigentlich nicht
die Idee des Schülerlotsendienstes, der vor allem zu Selbstständigkeit im
Straßenverkehr befähigen soll. Die Eltern sind also eigentlich nicht Teil
des Konzepts. Und auch die „baulichen Veränderungen“ vor der Spandauer
Schule lösen nicht das eigentliche Problem: Zu viele Eltern trauen ihren
Kindern den Schulweg offenbar nicht zu – und machen selbigen für andere
Kinder dadurch erst recht unsicher.
Schulwegsicherheit, sagt auch die zuständige Stadträtin im Schöneberger
Ordnungsamt, Christiane Heiß (Grüne), sei ein „Riesenproblem“ – das
allerdings auch schnell wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung
verschwindet, solange nur nichts passiert.
Heiß will nun gemeinsam mit dem Schulamt eine langfristige
„Gesamtstrategie“ für den Bezirk entwickeln. Das könnten zum Beispiel
Wegekarten für SchülerInnen sein, auf denen sichere Schulwege eingezeichnet
sind. Auch über sogenannte Laufbus-Haltestellen könne man nachdenken, so
Heiß – Treffpunkte, an denen die Kinder sich verabreden, um dann gemeinsam
zu Fuß zur Schule zu gehen.
## Pilotprojekt in Friedenau
So ganz vom Tisch sind Straßensperrungen allerdings auch noch nicht. Eine
Elterninitiative der Friedenauer Ruppin-Grundschule plane in Absprache mit
dem Bezirk ein Pilotprojekt, das die Technische Universität Berlin
wissenschaftlich begleiten soll, sagt Stadträtin Heiß. Die Fragen, die das
Projekt beantworten soll: Bewirkt man mit Straßensperrungen wirklich eine
Verhaltensänderung bei den AutofahrerInnen? Organisiert sich der
morgendliche Verkehr besser selbst?
Denn um Straßensperrungen durchzusetzen, braucht es gute Argumente: Ohne
ein „zwingendes Gebot“ dürfe der Verkehr nicht einfach so beeinträchtigt
werden, schreibt die Bildungsverwaltung in Antwort auf eine CDU-Anfrage zum
Thema SchülerlotsInnen. Und weiter: „Eine Maßnahme zur Schulwegsicherung
darf sich im Ergebnis nicht nachteilig auf die gesamte Verkehrssicherheit
und Verkehrsordnung auswirken.“ Das könne aber passieren, wenn Autofahrer
versuchten, die Sperrungen zum Beispiel durch Wendemanöver auf dem
Bürgersteig zu umgehen oder auf umliegende Straßen ausweichen – und so das
Verkehrschaos einfach nur verlagern.
Aus dem Grund sprach sich auch Heiß’ Kollege Machulik in Spandau bereits im
Frühjahr gegen Sperrungen aus: „Die Eltern müssen kooperieren wollen.“ Ob
sie das tun, wird man noch sehen: Vor der 200 Meter entfernten Turnhalle
der Grundschule sollen im kommenden Jahr nun tatsächlich zehn
Elternhaltestellen ausgewiesen werden. Konkret wäre das ein
„eingeschränktes Halteverbot“ zwischen 8 und 16 Uhr, das nur noch ein
kurzes Halten von bis zu drei Minuten erlaubt. Genug, um fix die Kinder aus
dem elterlichen Taxi zu entlassen.
An der Kreuzberger Reinhardswald-Grundschule in der Gneisenaustraße hat man
bereits Erfahrung mit dieser Idee. Von rund 90 morgendlichen Elterntaxis
nutzten im vergangenen Jahr allerdings lediglich etwa 24 das Parkangebot.
3 Jan 2018
## AUTOREN
Anna Klöpper
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