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# taz.de -- Kommentar zu unsicheren Schulwegen: Liebe Eltern, lasst eure Kinder…
> Es hat schlimme Folgen, wenn Kinder nicht mehr frei herumstromern dürfen.
> Wohl dem, der allein zur Schule darf.
Bild: Kinder auf dem Schulweg: Es geht auch ohne elterliche Begleitung
Auch ich bin Helikoptermutter, gehöre also zu jenen, die ihr Kind zu gut
beschützen wollen. Seit seiner Einschulung habe ich es im Wechsel mit
anderen Eltern mehrmals wöchentlich zur Schule gefahren, habe wild geparkt,
Rettungswege blockiert und – dem Himmel sei Dank – noch keine Schülerlotsen
überfahren.
Zwei Jahre lang ging das so. Bis vor wenigen Wochen meine nun achtjährige
Tochter zu mir sagte, sie habe die Schnauze voll. Seitdem fährt sie S-Bahn,
hat einen eigenen Schlüssel und ein Handy, das wir nur im Notfall benutzen.
Ihr wilder Entschluss hatte einen ungeahnten Emanzipationsschub zur Folge.
Sie hat jetzt die Erlaubnis, frei in unserem Kiez herumzustromern, kauft
sich Süßigkeiten und Tintenkiller selbst. Sie beginnt, Orte zu entdecken,
die von Erwachsenen unbehelligt sind. Sie fährt mit Kindern Bahn, deren
Eltern sich kein Auto oder keine Chauffeursdienste leisten können. Sie
bleibt allein zu Haus. Wenn wir heimkommen, hat sie sich manchmal selbst
ein Ei gebraten. Auch wir genießen die neue Freiheit: fahren Rad, lassen
das Auto unter der Woche stehen, haben mehr Zeit für uns. Das Familienleben
fühlt sich an, als sei es neu ausbalanciert worden.
Wir leben endlich, was Pädagogen und Soziologen im ganzen Land schon lange
predigen: Macht euch locker! Denn es hat schlimme Folgen, dass sich Kinder
in Deutschland nicht mehr wie noch in den Sechzigern in einem Radius von
mehreren Kilometern frei bewegen können, sondern allein kaum 500 Meter vom
eigenen Zimmer wegkommen. Die Kinder kommen nur noch mit ihresgleichen in
Kontakt. Sie lernen nicht mehr, Gefahren und Konfliktsituationen selbst
einzuschätzen und zu meistern. Ihre Sinne schwinden.
Liebe Eltern: Lasst eure Kinder frei. Das wird euer Leben verändern. Es
passiert ihnen schon nichts. Sagt es euch jeden Tag: Die allermeisten
Menschen, die Kinder misshandeln, kommen aus der Familie und dem Umfeld.
Der böse Fremde ist die Ausnahme. Und: Die meisten Kinder sterben nicht
unterm, sondern im Auto. Auch auf dem Weg zur Schule.
15 Mar 2017
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Helikoptereltern
Grundschule
Verkehr
Handy
Helikoptereltern
Verkehr
Klettern
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