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# taz.de -- Welthandelskonferenz in Buenos Aires: Kein Wandel im Handel
> Das Treffen der WTO endet ergebnislos. Beim alternativen „Gipfel der
> Völker“ entdeckt man hingegen Gemeinsamkeiten.
Bild: Zusammen dagegen: Demo in Buenos Aires gegen das WTO-Treffen
Buenos Aires taz | Das Scheitern der 11. Ministerkonferenz der
Welthandelsorganisation (WTO) in Buenos Aires ist auf sehr widersprüchliche
Reaktionen gestoßen: Während die Trump-Administration in den USA erfreut
den Weg frei sieht für „sektorale Abkommen zwischen gleichgesinnten
Staaten“ außerhalb der WTO, äußern EU und Bundesregierung „Enttäuschung…
Brot für die Welt und andere Nichtregierungsorganisationen (NRO)
kritisieren, die WTO habe „erneut die Bedürfnisse und Interessen der
ärmeren Länder missachtet“. Aus diesem Grund fordert das
globalisierungskritische Netzwerk ATTC einen grundlegenden Neuanfang der
Organisation internationaler Handelsbeziehungen „unter dem Dach der UNO“.
Das viertägige Treffen der Handels- und Wirtschaftsminister aus den 164
WTO-Staaten war am Mittwochabend zu Ende gegangen ohne die geplante
Einigung auf gobale Liberalisierungsregeln für Einkäufe per Internet , für
den Handel mit Dienstleistungen sowie für den Warenverkehr mit
Umweltgütern. Auch auf den Abbau handelsverzerrender und umweltschädlicher
Subventionen für Fischereiflotten und für die Landwirtschaft konnten sich
die Minister nicht verständigen.
## Nicht mal eine Abschlusserklärung
Anders als bei den vorangegangenen zehn Ministerkonferenzen seit der
WTO-Gründung 1994 kam in Buenos Aires nicht einmal eine gemeinsame
Abschlusserklärung zu Stande. Sie scheiterte am Widerstand des
US-Handelsbeauftragen Robert Ligthizer gegen eine Formulierung, mit der
„die zentrale Bedeutung eines regelgebundenen globalen Handelssystems“
unterstrichen werden sollte.
Ligthizer verließ Buenos Aires bereits einen Tag vor Ende er WTO-Konferenz
und twitterte nach ihrem Scheitern: „Glückwünsche an WTO-Generaldirektor
Roberto Azevedo und an die Konferenzvorsitzende Susana Malcorra zu einer
erfolgreichen Ministerkonferenz. Damit steht die neue Richtung der WTO
fest: Handel verbessern durch sektorale Abkommen zwischen gleichgesinnten
Staaten.“
EU-Handelskommissarin Cecila Mahlströhm beklagte die Konferenz hingegen als
„verpasste Gelegenheit“. Das „destruktive Verhalten einiger großer Länd…
habe „Resultate unmöglich gemacht“. Enttäuscht äußerte sich auch der
deutsche Delegationsleiter, der Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig
(SPD): „Der Rückenwind, den die WTO-Konferenz in Buenos Aires zur Lösung
globaler Handelsprobleme geben sollte“ sei „ bestenfalls ein laues Lüftchen
geblieben“.
## Die Gegenbewegung lebt
Im Gegensatz zu den langen Gesichtern beim sang- und klanglosen Ausgang der
offiziellen Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation in Buenos Aires,
herrschte beim alternativen „Gipfel der Völker“ eine freudige
Aufbruchsstimmung.
Seit Montag wurden unter dem Motto „Souveränität aufbauen“ über Arbeit,
Gesundheitssouveränität, Feminismus, Freihandel, Gemeingüter und
Klimagerechtigkeit diskutiert. „Der wichtigste Aspekt war, dass sich die
zahlreichen Gruppierungen und Bewegungen aus unterschiedlichen Kulturen
zusammengefunden haben und sich über ihre Unterschiede austauschen und
Gemeinsamkeiten erarbeiten konnten,“ resümiert Beverly Keene vom
Organisationsbündnis „Confluencia Fuera OMC – WTO Raus“.
So auch Isabelle Bourboulon von Attac France, die eigens zum Thema
Freihandel angereist war. Bourboulon war eine der rund 60 Teilnehmerinnen,
die auf der Schwarzen Liste der argentinischen Sicherheitsbehörden standen,
denen die Einreise verweigert wurde. „Attac France wäre in gewaltsame
Auseinandersetzungen während des G20 in Hamburg verwickelt gewesen, wurde
mir gesagt“, erzählt Bourboulon.
## Wenige Gewinner, viele Verlierer
Erst nachdem die französische Botschaft intervenierte, wurde ihr die
Einreise gestattet. Es seien schon reichliche Erfahrungen mit bi- oder
multilateralen Abkommen vorhanden, so Bourboulon in ihren Beitrag. „Statt
von einem Freihandelsabkommen zum nächsten zu hecheln, sollten wir uns
hinsetzen und bilanzieren: Was wurde zu Beginn versprochen und wie sind sie
Ergebnisse heute.“ Allein damit ließe sich zeigen, dass es bei
Freihandelsabkommen wenige Gewinner, aber viele Verlierer gibt.
Im Falle des gerade wieder einmal verschobenen Abkommens zwischen der
südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur und der EU wäre nun auch
noch Zeit zum Nachdenken. „Über diese Abkommen redet in Europa kaum jemand,
obwohl es einen Raum mit rund 800 Millionen EinwohnerInnen betrifft und
nicht nur die französischen Landwirte,“ so Bourboulon.
Um eben diese nötige Öffentlichkeit zu schaffen, waren am Dienstag rund
10.000 Menschen durch Buenos Aires gezogen. Die befürchteten gewalttätigen
Auseinandersetzungen blieben aus, stattdessen wurde laut und friedlich
demonstriert. „Wir machen hier deutlich, dass die WTO sich über unsere
Rechte hinwegsetzt und für den Tod von unzähligen KleinbäuerInnen auf der
ganze Welt verantwortlich ist,“ sagte Luciana Ghiotto von Attac Argentina.
Vor allem kleinbäuerliche Organisationen hatten sich in den Zug eingereiht.
## Vertreibung und Monokultur
„Getötet vom WTO“ stand auf weißen Kreuzen, die auf Verdrängung
kleinbäuerlicher Strukturen bis hin zu gewaltsamen Vertreibungen durch
Großgrundbesitzer hinwiesen, die den Anbau von Monokulturen wie Soja oder
Palmölplantagen vorantreiben und deren Lobbyisten in Buenos Aires auf die
weitere Liberalisierung des Handels drängen. Auf Spruchbändern
protestierten die Demonstrierenden auch gegen Agrarmultis. „Die Mörder
haben in unseren Land einen Namen: Monsanto, Bayer, BASF,“ so eine
Vertreterin aus Paraguay.
Rund 1500 Menschen hätten den Gipfel besucht, schätzt Beverly Keene am
dritten und letzte Tag. Die Ablehnung der WTO als Quelle von Hunger,
Vertreibung und Ausplünderung der Menschen und der Natur sei ein Grundtenor
der Kritik in den Foren gewesen, wie auch der Mangel an demokratischen
Strukturen bei den bestehenden weltweiten Institutionen, nicht nur bei der
WTO. Die Frage nach demokratischen, alternativen Institutionen, und, wie
diese aufzubauen sind, stehe auf der Tagesordnung, so Keene.
14 Dec 2017
## AUTOREN
Andreas Zumach
Jürgen Vogt
## TAGS
WTO
Donald Trump
Freihandel
Mercosur
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Welthandel
Protektionismus
WTO
Argentinien
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