# taz.de -- Kommentar Auftakt WTO-Konferenz: Europa ist gefordert | |
> Zu besprechen gibt es vieles: Von der Liberalisierung der Agrarmärkte | |
> über Subventionen für neue Energien bis hin zu Menschenrechtsstandards. | |
Bild: Hamburgs Hafen: Hier wird jede Menge Umgeschlagen – trotz einem Hemmnis… | |
Aus Anlass der Ministerkonferenz der Welthandelskonferenz (WTO) in Buenos | |
Aires werden einmal mehr diverse Kritiker der bisherigen wirtschaftlichen | |
Globalisierung und der WTO von Oxfam, Misereor und Attac über Mexiko und | |
Indien bis hin zu US-Präsident Donald Trump pauschal in einen Topf geworfen | |
und als Populisten, Nationalisten oder Separatisten gebrandmarkt. | |
Entsprechende Darstellungen – zum Beispiel in den Äußerungen deutscher | |
Wirtschaftsvertreter, den Kommentaren globalisierungsfreundlicher Zeitungen | |
sowie in einem Interview des deutschen Vizedirektors der WTO, Karl Brauner, | |
zum Auftakt der Konferenz in Buenos Aires – sind höchst undifferenziert und | |
realitätsfern. Oxfam, Misereor, Attac und viele andere | |
Nichtregierungsorganisationen engagieren sich seit Jahrzehnten für einen | |
gerechteren Welthandel sowie gegen die bislang im Rahmen der WTO betriebene | |
ungezügelte Globalisierung der Wirtschaft, bei der Menschenrechts-, Umwelt- | |
und Sozialstandards auf der Strecke bleiben. | |
Indien und Mexiko sind zwei Beispiele für viele Länder des Südens, die sich | |
an internationalen Verhandlungen beteiligen, aber mit bestimmten | |
Ausnahmeregeln in den Verträgen. Indien, um auch nach einer Liberalisierung | |
der Agrarmärkte die Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung | |
weiterhin sicherstellen zu können. Mexiko, um nach einer Deregulierung des | |
Handels mit Dienstleistungen seine nationale Handlungsfreiheit zu bewahren, | |
erneuerbare, klimafreundliche Energien mit staatlichen Subventionen zu | |
fördern, statt auf Kohle, Öl oder Atomstrom zu setzen. | |
Trump hingegen ist Präsident einer im relativen Abstieg befindlichen | |
Weltmacht. Er glaubt, er könne mit seiner „America first“-Parole und mit | |
der Absage, Aufkündigung oder Neuverhandlung von Handelsabkommen sowie mit | |
zunehmenden protektionistischen Maßnahmen die nationale Wirtschaft seines | |
Landes stärken und ihre seit gut 25 Jahren in fast sämtlichen Bereichen | |
sinkende Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen kapitalistischen | |
Industriestaaten wiederbeleben. | |
## EU-Partnerschaftsabkommen: alles außer Partnerschaft | |
Die als Alternative gepriesenen europäischen Staaten und die EU haben sich | |
bei den in den letzten 40 Jahren im Rahmen der WTO und ihres Vorgängers | |
Gatt geführten Verhandlungen keineswegs gerechter gegenüber den armen | |
Ländern verhalten als die USA und sich zumeist auch nicht stärker engagiert | |
für die Beachtung von Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards. | |
Dasselbe gilt für die bilateralen Verhandlungen der EU wie zum Beispiel | |
ihre „Europäischen Partnerschaftsabkommen“ mit einer Reihe west- und | |
nordafrikanischen Ländern, die wenig mit Partnerschaft zu tun haben, aber | |
viel mit Übervorteilung. | |
WTO-Vizedirektor Brauner „begrüßt“, dass die EU jetzt eine gemeinsame | |
Initiative mit Brasilien ergriffen habe zum Abbau inländischer | |
Agrarsubventionen. Das wäre sicherlich ein Fortschritt, nachdem die EU | |
entsprechende Forderungen vieler Länder des Südens in den letzten 40 Jahren | |
immer blockiert hat. Noch viel wichtiger wäre, dass die EU bei den | |
Verhandlungen im UNO-Menschenrechtsrat über ein seit Jahrzehnten | |
gefordertes völkerrechtlich verbindliches Abkommen über | |
Menschenrechtsnormen für Wirtschaftsunternehmen ihre gemeinsam mit den USA | |
betriebene Blockade aufgibt und sich an diesen Verhandlungen beteiligt. | |
11 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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