# taz.de -- Präsident Moon Jae In reist nach Peking: Südkoreas Drahtseilakt m… | |
> Südkoreas Präsident will das gespannte Verhältnis zu China normalisieren. | |
> Die Allianz mit den USA möchte er nicht aufs Spiel setzen. | |
Bild: Moon Jae In (l.) und Xi Jinping übten auf dem APEC-Gipfel im November in… | |
SEOUL taz | Wenn Südkoreas Präsident Moon Jae In am Donnerstag bei seinem | |
ersten Staatsbesuch in China auf Xi Jinping trifft, lässt sich von einem | |
längst überfälligem Gipfeltreffen sprechen. Vor zwei Wochen erst hat | |
Nordkorea mit dem Test seiner Interkontinentalrakete gezeigt, dass es das | |
gesamte US-Festland ins Visier nehmen kann. Auch sind die Beziehungen | |
zwischen Seoul und Peking noch immer belastet, nachdem die US-Streitkräfte | |
im September das umstrittene Raketenabwehrsystem THAAD in Südkorea | |
installiert hatten. | |
Dementsprechend hoch sind die Erwartungen der Südkoreaner an ihren | |
Präsidenten, von dem am Mittwoch beginnenden Besuch mit vorzeigbaren | |
Fortschritten heimzukehren. | |
Doch schon vorab gab es einen Dämpfer: Moon und Xi werden weder eine | |
Pressekonferenz noch eine gemeinsame Stellungnahme abgeben – ein Indiz, | |
dass beide Seiten im Streit um THAAD Kompromisse eingehen werden. | |
China, für rund ein Viertel des südkoreanischen Außenhandels | |
verantwortlich, sitzt dabei am längeren Hebel: Pekings inoffizielle | |
Wirtschaftssanktionen gegen Seoul sollen der koreanischen Wirtschaft nach | |
Schätzungen des Asan-Instituts allein im Jahr 2017 mit rund 7,5 Milliarden | |
Dollar teuer zu stehen kommen. | |
## Chinas Sanktionspolitik gegen Südkorea | |
„Aus südkoreanischer Sicht ist es unbedingt notwendig, schleunigst einen | |
Ausweg aus den chinesischen Sanktionen zu finden“, meint Andray Abrahamian, | |
Gastforscher beim Washingtoner Center for Strategic and International | |
Studies. Schließlich drohe auch US-Präsident Trump damit, das | |
koreanisch-amerikanische Freihandelsabkommen aufzukündigen. | |
Präsident Moon befindet sich in einer diplomatischen Zwickmühle: Einerseits | |
möchte er die US-Allianz nicht aufs Spiel setzen, doch muss er gleichzeitig | |
die Beziehungen zu China normalisieren – ein Drahtseilakt, der laut | |
Abrahamian aber letztlich wohl keine der beiden Großmächte wirklich | |
zufriedenstellen dürfte. | |
In Washington sei die vorherrschende Meinung, dass Moon Schwäche zeige und | |
vor China einknicken würde. Auch in der Nordkorea-Frage werde wohl kein | |
Durchbruch erzielt. | |
„Generell wird im Westen Chinas Einfluss auf Nordkorea überschätzt. Was Kim | |
Jong Un wirklich möchte, können ihm nur die Amerikaner geben“, sagt Kim | |
Hong Gul, Sohn des inzwischen verstorbenen früheren südkoreanischen | |
Präsidenten Kim Dae Jung. | |
## Kim Dae Jungs Sohn will vermitteln | |
Dieser hatte im Jahr 2000 für seine Annäherungspolitik an Nordkorea den | |
Friedensnobelpreis erhalten. Später wurde er jedoch stark kritisiert – | |
nachdem bekannt wurde, dass das Gipfeltreffen mit Nordkoreas damaligem | |
Diktator Kim Jong Il heimlich mit über 450 Millionen US-Dollar erkauft | |
wurde. | |
Posthum möchte nun der Sohn des Ex-Präsidenten dessen politisches Erbe | |
retten. Als einer von nur wenigen Südkoreanern hat er Nordkoreas jetzigen | |
Machthaber Kim Jong Un persönlich getroffen. Unter Südkoreas Liberalen wird | |
er als möglicher Mediator zwischen den zwei Koreas gehandelt. Seinen Ansatz | |
nennt er „Friedensoffensive“. | |
„Wenn Moon Jae In China auffordert, mehr Druck auf Nordkorea auszuüben, hat | |
das keine Bedeutung“, sagt Kim. China würde einen Kollaps seines | |
Nachbarlandes nicht zulassen, weil dies gegen seine nationalen Interessen | |
gehe. Laut seinen eigenen Kontakten in China sei Nordkorea nach der kurz | |
bevorstehenden Komplettierung seines Raketen- und Atomprogramms bereit, | |
wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. | |
„Für viele mag dies utopisch klingen, doch Nordkorea kann sich um 180 Grad | |
wenden“, sagt Kim. | |
12 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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