# taz.de -- Antrag der ostdeutschen Bundesländer: SED-Opfer weiter entschädig… | |
> 2019 endet die Antragsfrist für Personen, die wegen politischer | |
> Verfolgung in der DDR entschädigt werden wollen. Kippt der Bundesrat die | |
> Frist? | |
Bild: Viele politische Gegner der SED-Diktatur saßen in Berlin-Hohenschönhaus… | |
## Das Neue | |
Wer in der DDR politisch verfolgt wurde, soll auch nach dem Jahr 2019 einen | |
Antrag auf Rehabilitierung stellen können. Das fordert ein gemeinsamer | |
Antrag der ostdeutschen Bundesländer Berlin, Brandenburg, | |
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, der am | |
Freitag in die Bundesratssitzung eingebracht wird. Nach der geltenden | |
Rechtslage könnte ein Antrag auf Rehabilitierungsleistungen nur bis zum | |
Jahresende 2019 gestellt werden. Diese Frist soll mit der | |
Bundesratsinitiative ausgesetzt oder zumindest um zehn Jahre verlängert | |
werden. | |
## Der Kontext | |
Grundlage der Leistungen für erlittenes Unrecht während der SED-Diktatur | |
sind die drei sogenannten Unrechtsbereinigungsgesetze. Sie regeln die | |
strafrechtliche, verwaltungsrechtliche und berufliche Rehabilitierung. | |
Strafrechtlich relevante Anträge sind an die Landgerichte zu stellen. Über | |
alle anderen Anträge entscheiden Mittelbehörden wie Regierungspräsidien | |
oder Landesdirektionen. Personen, die Haftzeiten und gesundheitliche | |
Schädigungen nachweisen können, erhalten bis zu 300 Euro monatlich. | |
Verwaltungsrechtliche Eingriffe wie Vermögensentzug oder berufliche | |
Schikanen oder Berufsverbote werden ebenfalls entschädigt. | |
Die Anzahl der Anträge auf gerichtliche Rehabilitierung sank von über | |
30.000 im Jahr 1993 auf weniger als zehntausend im Jahr 1996. Seither | |
schwankt die Zahl zwischen 3.000 und 6.000 Anträgen. Die Antragsfristen für | |
Geschädigte waren in der Vergangenheit bereits mehrfach verlängert worden. | |
Seit fünf Jahren wird über eine Entfristung diskutiert. Ob die | |
westdeutschen Bundesländer dem Antrag zustimmen, ist nach taz-Recherchen | |
noch nicht entschieden. | |
## Die Reaktionen | |
Die Bundesstiftung Aufarbeitung begrüßte die Absicht. „Viele Betroffene von | |
politischer Haft und Verfolgung haben die gesetzlichen Möglichkeiten noch | |
nicht in Anspruch nehmen können“, sagte Geschäftsführerin Anna Kaminsky. | |
Stiftungssprecher Tilman Günther ergänzte, dass Betroffene aufgrund | |
traumatischer Erfahrungen oft lange Zeit benötigen, Rehabilitierungsanträge | |
zu stellen. | |
Sachsens Stasi-Landesbeauftragter Lutz Rathenow sieht in einer möglichen | |
Entfristung einen ersten Schritt, verweist aber auch auf einen inhaltlichen | |
Novellierungsbedarf der Unrechtsbereinigungsgesetze. Nach seiner Erfahrung | |
bei der Opferberatung entdeckten viele erst bei anstehendem Renteneintritt | |
ein Problem in ihrer Biografie. Die geplante Aufhebung der Antragsfrist | |
signalisiere, „dass der Staat Geschichte nicht verdränge und sich vor | |
Aufarbeitung drückt“. | |
## Die Konsequenz | |
Endet die Antragsfrist im Jahr 2019, blieben möglicherweise Tausende | |
SED-Opfer ohne Rehabilitierung. Darauf deutet die konstant hohe Zahl an | |
Anträgen hin. Kommt der Antrag der ostdeutschen Länder durch, ließe er die | |
Möglichkeit zu, dass auch Kinder und Verwandte für ihre Eltern | |
Entschädigungsanträge stellen dürfen. | |
13 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## TAGS | |
DDR | |
SED | |
SED-Diktatur | |
Entschädigung | |
Hasso Plattner | |
Katastrophe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
DDR-Kunst in Potsdam: Keine Ostalgie, kein Kanon | |
In der Ausstellung „Hinter der Maske. Künstler in der DDR“ im Potsdamer | |
Museum Barberini sind 120 Werke aus über 40 Jahren zu besichtigen. | |
Debatte Politischer Extremismus: Wenn Dämme brechen | |
Politische Prognosen sind oft unzuverlässig, vor allem bei der Vorhersage | |
von Extremereignissen. Ein Blick aus der Katastrophenforschung. |