# taz.de -- EU-Handel mit Südamerika: Tausche Stinker gegen Gammelfleisch | |
> Die EU-Kommission bietet den Mercosur-Staaten laxere Kontrollstandards | |
> bei Lebensmittelimporten an – wenn Europa mehr Autos exportieren darf. | |
Bild: Brasilien liefert schon jede Menge Soja in die EU. Jetzt soll auch mehr F… | |
BERLIN taz | Die Europäische Kommission ist für ein Handelsabkommen mit dem | |
südamerikanischen Staatenbund Mercosur bereit, Verbraucherschutzstandards | |
bei Fleischimporten zu senken. Das zeigen bislang geheime | |
Verhandlungsdokumente, die die Umweltorganisation [1][Greenpeace am | |
Donnerstag veröffentlicht hat]. Demnach hat die EU angeboten, laxere | |
Kontrollen und um bis zu 50 Prozent höhere Fleischeinfuhren zu akzeptieren, | |
wenn die Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay | |
ihrerseits die Zölle für den Export von Autos und Autoteilen aus der EU | |
senken. | |
Brasilien wurde vor wenigen Monaten von einem Gammelfleischskandal | |
erschüttert. Statt das Prüfsystem zu verbessern, um den Export verdorbenen | |
Fleischs zu verhindern, schlage die EU-Kommission laut den Dokumenten eine | |
zwischenstaatliche Schnellkontrolle vor, kritisierte Greenpeace. So will | |
die EU unter anderem den Export aus Lebensmittelbetrieben akzeptieren, ohne | |
diese vorher zu begutachten. | |
Viele Standards für den Schutz der Verbraucher – etwa zum Einsatz von | |
Antibiotika in der Tierzucht – sind in südamerikanischen Staaten niedriger | |
als in der EU. Während andere Wachstumsförderer wie die Substanz Ractopamin | |
in Europa verboten sind, dürften Landwirte in Argentinien und Brasilien sie | |
einsetzen, erklärten die Umweltschützer. | |
„Höhere Autoexporte dürfen nicht mit dem Risiko erkauft werden, dass | |
demnächst brasilianisches Gammelfleisch in deutschen Kühlregalen liegt“, | |
sagte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. Die Kommission habe nichts | |
aus dem „Fiasko“ um die inzwischen gestoppten Gespräche für ein Abkommen | |
mit den USA (TTIP) gelernt. „Handelsabkommen müssen transparent verhandelt | |
werden, und sie müssen Verbraucher schützen, nicht Konzerne.“ | |
## Streit um Schutz für Agrarimporte | |
Vertreter Deutschlands und anderer EU-Nationen billigten dem Abkommen | |
„herausragende strategische Bedeutung“ zu, wie die Süddeutsche Zeitung | |
[2][berichtete]. Die EU wolle auch ein Signal gegen den Protektionismus von | |
US-Präsident Donald Trump senden. Auch die europäische Autobranche setzte | |
sich demnach in einem Brief an die Brüsseler Kommission vehement für den | |
Vertrag mit den Südamerikanern ein: Unter den richtigen Bedingungen gebe es | |
„ein echtes Potenzial für Wachstum, angesichts der Größe des | |
Mercosur-Markts“. | |
Dem Bericht zufolge fordern Polen und Österreich aber starke Schutzklauseln | |
für Agrarimporte. Deutschland und andere Nationen lehnten diese jedoch ab, | |
weil sie fürchten, dass die Mercosur-Staaten dann nicht größeren | |
Industrieexporten Europas zustimmen. Allerdings sei auch Frankreich | |
skeptisch gegenüber Agrarimporten. | |
Die jetzt geleakten Dokumente gäben den Verhandlungsstand aus dem Sommer | |
wider, hätten sich nach Informationen aus Verhandlungskreisen jedoch | |
seither nicht grundlegend verändert, teilte Greenpeace mit. Laut Kommission | |
handelten die EU und die Mercosur-Staaten vergangenes Jahr Waren im Wert | |
von mehr als 80 Milliarden Euro. Damit ist die wirtschaftliche Bedeutung | |
des Mercosur-Abkommens deutlich höher als die des Ceta-Vertrags mit Kanada. | |
(mit afp) | |
7 Dec 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.greenpeace.org/eu-unit/en/News/2017/Greenpeace-Netherlands-leaks… | |
[2] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/interkontinentaler-handel-das-fleisch… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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