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# taz.de -- Agrarkonzerne scheitern: Schonung für Argentiniens Bauern
> Es gibt vorerst doch kein Gesetz, das Lizenzgebühren für Saatgut
> vorsieht. Die Turbolandwirtschaft breitet sich in Argentinien trotzdem
> weiter aus.
Bild: Argentinien ist nach den USA und Brasilien der drittgrößte Soja-Produze…
Buenos Aires taz | Argentiniens Landwirte haben sich vorerst erfolgreich
gegen Lizenzgebühren für transgenes Saatgut gewehrt. Eine entsprechende
Reform des Saatgutgesetzes wurde auf das kommende Jahr verschoben. „Wir
haben die Vorschläge aller Beteiligten aufgenommen, der Reformentwurf ist
fertig und liegt weiterhin zu Abstimmung vor“, sagte
Landwirtschaftssekretär Luis Miguel Etchevehere weiter optimistisch, dass
die Reform doch noch kommt.
„Es ist nur ein Teilerfolg“, kommentierte Marcos Filardi von der NGO
Multisectorial contra la Ley Bayer/Monsanto de Semillas, die sich für die
Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe, indigenen Gemeinschaften und
kleinen Produzenten einsetzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit werde die
Reform immerhin bis 2020 auf Eis liegen, so Filardo. Im kommenden Jahr
steht die Präsidentschaftswahl in Argentinien an, er erwarte nicht, dass in
einem Wahljahr so eine große Entscheidungen getroffen werde.
Die bestehende Rechtslage erlaubt argentinischen Landwirten die kostenfreie
Nutzung eines Teils der Ernte für die nächste Aussaat, auch wenn sie das
ursprüngliche Saatgut gekauft haben. Den Saatgutmultis ist das ein Dorn im
Auge. Sie verlangen die Einführung von Lizenzgebühren für die
Wiederaussaat.
Doch der Widerstand reicht von den ganz großen Produzenten, die schlicht
nichts zahlen wollen, bis zu den Kleinen, die um die ihre Existenz bangen.
## Vier Saatgutkonzerne dominieren den Markt
In Argentinien werden nahezu alle Getreidesorten und Ölsaaten mit
transgenem Saatgut angebaut. Die vier Firmen Bayer/Monsanto,
ChemChina/Syngenta, Dow-DuPont und BASF kontrollieren 90 Prozent des
Marktes. Seit sechs Jahren versuchen die Konzerne, eine Reform des
Saatgutgesetzes durchzusetzen. Doch ihre Hoffnung unter der neuen
konservativ-liberalen Regierung, endlich eine Neuregelung zu erreichen, hat
sich offenbar nicht realisiert. Erst vor wenigen Tagen scheiterte ein
erneuter Versuch, im Kongress eine Abstimmung zu erreichen.
„Der Knackpunkt ist die Umwandlung des bestehenden kostenlosen
Eigengebrauch des Saatguts in ein System, bei dem die Produzenten bis zu
fünf Jahren eine Lizenzgebühr für die Nutzung des geistigen Eigentums an
den Patentinhaber zahlen sollen,“ sagt Marcos Filardi.
In den Nachbarländern Brasilien und Paraguay müssten bereits Lizenzgebühren
gezahlt werden. “Wir sagen Nein zu diesem Gesetzesprojekt, dass für die
Produzenten jahrelange Lizenzgebühren bedeutet und die Kriminalisierung des
traditionelles Saatguts vorantreibt, weil es den freien Austausch zwischen
den Produzenten verbietet,“ heißt es in einem Erklärung, die von über 300
Vereinigungen unterschrieben ist.
Auch ohne Lizenzgebühren leidet Argentiniens kleinbäuerliche
Landwirtschaft. Die agroindustrielle Landwirtschaft ist mit immer neuen
Rekordzahlen bei der Produktion von Rohstoffen auf dem Vormarsch – und
verdrängt die noch verbliebenen bäuerlichen Familienbetriebe.
Beispiel Soja: Argentinien ist nach den USA und Brasilien der drittgrößte
Soja-Produzent weltweit. Die Anbaufläche für die Sojapflanzen stieg von 6,7
Millionen Hektar im Jahr 1996 auf über 20 Millionen Hektar in der Saison
2015/2016, als eine Rekordernte von rund 58 Millionen Tonnen Sojabohnen
eingefahren wurde.
Der Sojaanbau wird vorwiegend in den zentralen argentinischen Provinzen
Buenos Aires, Córdoba, Santa Fe, Entre Ríos und La Pampa betrieben. Doch
seit die Bohnen immer stärker gegen Trockenheit, Kälte oder Hitze
immunisiert werden, verschiebt sich die Anbaugrenze nach Süden und Norden.
Ländereien, die für diese Turbolandwirtschaft nutzlos waren, werden nun in
einem rasanten Tempo und Ausmaß in Wert gesetzt. Die Vertreibung der dort
lebenden indigenen Gemeinschaften und die Rodung der Wälder mit Bulldozern
haben gerade im Norden des Landes zugenommen.
30 Nov 2018
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
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