# taz.de -- Steigende Preise in Argentinien: Proteste gegen Macris Rotstift | |
> Die argentinische Regierung streicht Subventionen für Strom, Gas und | |
> öffentlichen Nahverkehr. Das führt zu Aufruhr in der Hauptstadt. | |
Bild: Die argentinische Bevölkerung ist nicht gerade elektrisiert wegen des te… | |
Buenos Aires taz | Argentinien stöhnt unter der Sommerhitze. Die | |
Klimaanlagen laufen auf Hochtouren. Aber das kostet immer mehr Geld. Denn | |
kurz vor Silvester hat die Regierung kräftige Tariferhöhungen für 2019 | |
angekündigt: Strom verteuert sich um 55 Prozent, Gas um 35 Prozent, und die | |
Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr werden um 40 Prozent steigen. | |
Nach der Ankündigung kam es auf zahlreichen Straßen in der Hauptstadt | |
Buenos Aires zu Cacerolazos, den Protestkonzerten mit Kochtopfschlagen. Für | |
Donnerstag haben die Gewerkschaften zu einem großen Marsch gegen die | |
Regierungspolitik aufgerufen. Protestiert wird gegen die sinkenden | |
Reallöhne und die steigenden Tarife. | |
Doch die Erfolgsaussichten der Protestierenden sind trüb, seit sich die | |
Regierung selbst die Hände gebunden und hinter dem Internationalen | |
Währungsfonds (IWF) verschanzt hat. Als Gegenleistung für Kredite von mehr | |
als 50 Milliarden Dollar hat sie dem IWF eine schwarze Null im Haushalt | |
2019 versprochen. | |
Seither regiert im Präsidentenpalast der Rotstift. Gestrichen wurden nicht | |
nur öffentliche Investitionen, sondern auch Tarifsubventionen. Wenig | |
überraschend leiden darunter vor allem jene, die ohnehin wenig haben. | |
## Millionen Argentinier sind in die Armut abgerutscht | |
Ende 2018 lebte ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, | |
stellte die Katholische Universität (UCA) in ihrem jährlichen Armutsbericht | |
Mitte Dezember fest. Das sind 13,6 Millionen Menschen, gut 2 Millionen mehr | |
als Ende 2017. Dabei hatte Präsident Mauricio Macri zu Beginn seiner | |
Amtszeit vor drei Jahren „null Armut“ versprochen und stets beteuert, man | |
soll ihn daran messen. | |
Auch die Mittel- und Oberschicht leidet – allerdings auf einem anderen | |
Niveau. Ihr Steckenpferd, der Dollar, hat sich im abgelaufenen Jahr um das | |
Doppelte verteuert. Mussten Ende 2017 noch 18,95 Peso für einen Dollar | |
gezahlt werden, waren es Ende 2018 satte 38,83 Peso. Reisen ins Ausland | |
sind teurer geworden. | |
Uruguay meldete bereits einen 30-prozentigen Rückgang bei den | |
argentinischen TouristInnen im Vergleich zum Vorjahr. „Viele von uns sind | |
heute keine Milliardäre mehr“, klagte Eduardo Costantini, Miteigentümer des | |
exklusiven privaten Stadtviertels Nordelta bei Buenos Aires, über seine | |
Vermögensverluste. | |
## Tariferhöhungen mit Blick auf Wahlen | |
Positiver Effekt des teuren Dollar sind die sinkenden Importe, die | |
Argentiniens Defizit in der Handelsbilanz erheblich verringert haben. | |
Während das seit einigen Wochen zu einer anhaltenden Wechselkursstabilität | |
beiträgt, brach die Industrieproduktion wegen der steigenden Preise bei den | |
notwendigen Importen ein. Im November schrumpfte sie um über 10 Prozent im | |
Vergleich zum Vorjahr. Die Folge: Kurzarbeit, Entlassungen, | |
Betriebsschließungen. | |
Dass die Regierung zu all dem noch schnell die Tariferhöhungen verkünden | |
ließ, hat einen Grund. Im Oktober wird ein neuer Präsident gewählt. Macri, | |
der sich voraussichtlich zur Wiederwahl stellt, wollte die schlechten | |
Nachrichten schon jetzt verbreiten. Der Präsident hofft auf eine Besserung | |
der Lage im zweiten Halbjahr. | |
10 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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