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# taz.de -- Kommentar EU-Verfahren gegen Polen: Drum prüfe, wer sich ewig wind…
> Die EU-Abgeordneten drücken sich davor, den Entzug des Stimmrechts für
> Polen einzuleiten. Die Wertegemeinschaft ist ein zahnloser Tiger.
Bild: Lässt sich das Problem der EU mit Polen noch irgendwie auflösen?
Die Europäische Union ist nicht bloß ein Wirtschaftsklub. Sie betrachtet
sich als Wertegemeinschaft, die Demokratie und Rechtsstaat in Europa
hochhält – und zur Not mit Zähnen und Klauen verteidigt. In der Praxis ist
davon allerdings nicht viel zu sehen. In Ungarn und Polen werden die
EU-Werte mit Füßen getreten. In Warschau wird die Justiz geknebelt, in
Budapest trifft es Medien und NGOs.
All das ist seit Jahren bekannt, geschehen ist (fast) nichts. Die
EU-Kommission hat zwar mehrere Verfahren eingeleitet, um den Rechtsstaat in
beiden Ländern zu schützen oder wiederherzustellen. Doch das Ergebnis ist
gleich null. Vor allem die polnische Regierung, die offiziell von Beata
Szydło geleitet, de facto aber von Jarosław Kaczyński dirigiert wird,
ignoriert die Beschwerden aus Brüssel.
Zuletzt wurden nicht einmal mehr die Mahnbriefe der EU-Kommission
beantwortet. Vizepräsident Frans Timmermans drohte deswegen zwar mit der
„Nuklearoption“, dem Entzug der Stimmrechte im EU-Ministerrat, er wurde
aber zurückgepfiffen – nicht zuletzt von Kanzlerin Angela Merkel, die sich
keinen Krach mit Warschau leisten mag.
Das Europaparlament muss derlei Rücksichten nicht nehmen. Hinter
vorgehaltener Hand hat die Kommission die Abgeordneten sogar gebeten, in
die Bresche zu springen und ihrerseits die „Nuklearoption“ zu ziehen.
Doch auch sie zögern. Statt sofort ein Verfahren nach Artikel 7 des
EU-Vertrags einzuleiten, der zum Entzug des Stimmrechts führen kann, haben
sie eine erneute Prüfung eingeleitet. Man fasst sich an den Kopf. Denn was,
bitte schön, soll denn aus dieser Überprüfung hervorgehen? Dass es in Polen
schwere Verletzungen der europäischen Grundwerte gibt, hat bereits die
EU-Kommission herausgefunden.
Nein, die Europaabgeordneten drücken sich, genau wie Kommission und
Ministerrat. Die EU entpuppt sich am Beispiel Polen als zahnloser Tiger,
der so lange prüft und zögert, bis vollendete Tatsachen geschaffen werden.
16 Nov 2017
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU-Sanktionen
EU
EU-Kommission
EU-Parlament
Polen
Polen
Polen
Visegrad-Gruppe
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