# taz.de -- Strafanzeigen gegen Assad-Regime: Die Hoffnung liegt in Karlsruhe | |
> Ehemalige politische Gefangene reichen Anzeige gegen 17 Verdächtige in | |
> Syrien wegen Folter ein. Für ihre Anwälte ist das ein Zeichen der | |
> Hoffnung. | |
Bild: Die Kämpfe sind abgeflaut, Assads Macht ist ungebrochen | |
Das Neue | |
Ein Ende der Straflosigkeit in Syrien ist das Ziel einer Gruppe von 13 | |
Frauen und Männern. Sie haben am Montag zwei Strafanzeigen gegen 17 | |
Verdächtige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen | |
beim Generalbundesanwalt (GBA) in Karlsuhe eingereicht. Dabei wurden die | |
ehemaligen Gefangenen unterstützt von den syrischen Anwälten Anwar Al-Bunni | |
und Mazen Darwish, der Heinrich-Böll-Stiftung sowie dem Europäische Zentrum | |
für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR). | |
Die Vorwürfe lauteten auf Folter, sexuelle Gewalt sowie andere Praktiken im | |
Rahmen der systematischen Unterdrückungs- und Folterpolitik der Regierung | |
von Baschar al-Assad. Derartige Verbrechen waren bereits unter seinem | |
Vater, Hafiz al-Assad, an der Tagesordnung. Die beiden Anzeigen ergänzen | |
die Strafanzeigen und Beweismittel, die Folterüberlebende aus Syrien sowie | |
die Gruppe um „Caesar“, ein Ex-Mitarbeiter der Militärpolizei, im September | |
beim GBA eingereicht haben. | |
Der Kontext | |
Zuständig für den Fall Assad sowie für ranghohe Funktionäre seines Regimes | |
wäre zunächst die syrische Justiz. Da angesichts der herrschenden | |
Verhältnisse in Syrien mit derartigen Verfahren nicht zu rechnen ist, wäre | |
die Alternative ein Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in | |
Den Haag (IStGH). Dem steht jedoch entgegen, dass Syrien das Römische | |
Statut des IStGH nicht unterschrieben hat. Gleichzeitig ist der Weg über | |
den UN-Sicherheitsrat aussichtslos, da China und Russland dagegen sind. | |
Wie das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) auf | |
der Pressekonferenz erklärte, könne Deutschland einen wichtigen Beitrag | |
leisten. Denn obwohl Assad weder deutscher Staatsbürger ist noch Verbrechen | |
auf deutschem Boden begangen hat, kann Assad gemäß dem deutschen | |
Völkerstrafgesetzbuch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen | |
Kriegsverbrechen verfolgt werden. Im Falle eines Urteils wird sich Assad | |
jedoch hüten, deutschen Boden zu betreten. | |
Die Reaktionen | |
Die Bundesanwaltschaft hat bereits im Jahr 2011 – zu Beginn der zunächst | |
friedlichen Proteste gegen die Diktatur in Syrien – zwei | |
Strukturermittlungsverfahren in Karlsruhe eingeleitet. Inzwischen laufen 22 | |
Verfahren wegen personenbezogener Straftaten, wie der Anwalt Wolfgang | |
Kaleck erläuterte. Hinzu komme eine „immense Flut“ von Zeugenaussagen, die | |
es zu filtern gelte – eine für alle Beteiligten „sehr belastende Aufgabe�… | |
Die Konsequenz | |
„Gerechtigkeit“, sagt Anwalt al-Bunni, „ist ein sehr wichtiger Baustein | |
für die Leute in Syrien“. Für ihn sind die neuen Strafanzeigen gegen | |
führende Vertreter des Assad-Regimes eine „Botschaft der Hoffnung“ an | |
dessen Opfer nach sieben Jahren der Enttäuschung über die internationale | |
Gemeinschaft. Sein Kollege Mazen Darwish denkt dabei auch an die Zukunft: | |
„Wie kann jemand nach Syrien zurückgehen, wenn die Kriegsverbrecher weiter | |
auf ihren Posten sitzen“? | |
8 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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