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# taz.de -- Demonstration für Verschleppte in Syrien: Das Foltern unter der Er…
> Der „Freedom Bus“ macht auf das Schicksal von Inhaftierten in Syrien
> aufmerksam. Am Samstag stand er am Brandenburger Tor.
Bild: Frauen fordern am Brandenburger Tor in Berlin Informationen über ihre in…
Berlin taz | Im ersten Moment könnte man an eine neue Touristenattraktion
denken. Direkt vor dem Brandenburger Tor hält an diesem Samstag ein roter
Doppeldeckerdbus. Seine Außenwände sind mit über Hundert gerahmten Fotos
behangen. Doch der Bus irritiert die Tourist*innen kaum. Obwohl Berlins
Wahrzeichen deutlich verdeckt wird, posieren sie unaufhörlich für ihre
Selfies.
Der rote „Freedom Bus“ will keine Touri-Attraktion sein. Die Fotos zeigen
Menschen, die in Syrien inhaftiert und verschleppt wurden. 100
Bilderrahmen, die das ungewisse Schicksal von schätzungsweise 80.000 bis zu
200.000 Syrer*innen symbolisieren soll.
Auf der ersten Etage des verdecklosen Busses stehen fünf der zehn Frauen,
die „Families for Freedom“ anführen. Sie sind Mütter und Schwestern von
Verschleppten. Der Kern ihrer Forderung: Sind möchten wissen, wo ihre
Angehörigen sind und Ärzte sollen zu ihnen gelassen werden.
„Wer in Syrien verhaftet wird, ist eigentlich verschwunden“, erklärt Ansar
Jasim, die an diesem Tag neben den Frauen steht und die Reden ins Deutsche
übersetzt. Für „Adopt a Revolution“ unterstützt sie die syrischen Frauen…
Berlin. Wer in Syrien verhaftet werde, komme oft nicht in normale
Gefängnisse, sondern in unterirdische Gefangenenlager, sogenannte Fur’u.
Dort würden Menschen ohne Anklage zusammengepfercht, gefoltert, ermordet.
Verantwortlich dafür seien Regimetruppen, deren Verbündete, andere
regimeloyale Milizen und lokale Warlords.
„Families for Freedom“ wurde von fünf Frauen während einer Syrienkonferenz
in Genf im Februar 2017 gegründet. Im Oktober 2017 machte der Bus Halt in
London, im Februar 2018 in Paris, jetzt ist er nach Berlin gekommen. Am
Donnerstag haben die Initiatorinnen bereits das ehemalige Stasi-Gefängnis
in Hohenschönhausen besucht, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
Nächster Stopp? Unbekannt
Doch zur Demonstration am Samstagnachmittag sind nur einige Hundert
Demonstrierende gekommen. Nach vielen Jahren des syrischen Bürgerkriegs
herrscht eine allgemeine Ernüchterung – sowohl innerhalb der syrischen
Community in Berlin, als auch in der medialen Berichterstattung.
Ali, Student aus Aleppo, seit einem Jahr in Berlin, würde sich nicht als
Aktivist bezeichnen, trotzdem unterstützt er die Aktion. Mit diesem Protest
ließe sich nicht der Geschichtsverlauf umkehren, aber er wünsche sich eine
Diskursverschiebung: „Syrer*innen werden nur noch im Zusammenhang mit dem
IS oder als Flüchtende wahrgenommen.“ Aber Syrer*innen seien auch
politische Subjekte.
Hala al-Ghawi, eines der Gesichter der „Families for Freedom“, wirkt
weniger fatalistisch. Als Chirurgin hat sie Opfer des Regimes behandelt.
Sie wünscht sich mehr Aufmerksamkeit für die unsichtbaren Opfer. Der
Protest in Berlin soll speziell die deutsche Regierung veranlassen, Druck
auf den Assad-Verbündeten Russland auszuüben. Schließlich läuft inzwischen
die Bombardierung von Idlib, der letzten Bastion der syrischen Opposition,
durch die Assad-Regierung, Iran und Russland.
Derweil ziehen die verbliebenen Demonstrant*innen vor die russische
Botschaft. In ihren Händen halten sie die anklagend die Bilder der
Verschleppten und Ermordeten.
Die nächste Station des „Freedom Bus“ steht noch nicht fest. Aber eines
Tages, so die Organisator*innen, würden sie gerne in Damaskus ankommen.
9 Sep 2018
## AUTOREN
Magnus Rust
## TAGS
Adopt a Revolution
Folterlager
Demonstrationen
Syrischer Bürgerkrieg
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Schwerpunkt Syrien
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