# taz.de -- Trans-Filmemacher über Porno und Sex: „Ich dachte es tut weh und… | |
> In der Sexdoku „The 36-year-old Virgin“ hält Skyler Braeden Fox seinen | |
> ersten Sex mit einem Mann fest; und die Angst, die er vor diesem Moment | |
> hatte. | |
Bild: „Menschen sollen sehen, dass Sex nicht immer leicht ist“, sagt Skyler… | |
taz: Herr Fox, kurz nach dem Dreh Ihres ersten Pornos „Hello Titty“ haben | |
Sie sich die Brüste entfernen lassen. Warum vorher noch der Film? | |
Skyler Braeden Fox: „Hello Titty“ war meine Art, meine Titten zu verewigen. | |
Es fiel mir schwer, mich von ihnen zu trennen. | |
Weshalb? | |
Ich wollte meine Titten schon loswerden, weil ich wusste, dass ich mich in | |
dieser Gesellschaft ohne sie wohler fühlen würde. Trotzdem habe ich sie | |
manchmal auch gern gehabt. Ich habe mich häufig gefragt: Kann ich mich | |
nicht auch mit ihnen wie ein Mann fühlen? Muss ich sie mir wegoperieren | |
lassen? Es war keine leichte Entscheidung. Transgender zu sein heißt nicht | |
unbedingt, eine OP durchmachen zu wollen. Es ist nicht selbstverständlich. | |
Wurde es nach dem Film leichter? | |
Sobald ich die Idee für „Hello Titty“ hatte, wusste ich, dass ich bereit | |
war. Ich habe das Gefühl gehabt, dass ich jetzt endlich loslassen kann. Mir | |
ging es um einen Abschluss, und der Film hat ihn mir gegeben. | |
Inwiefern? | |
Politisch gesehen wollte ich die OP bis dahin nicht. Ich wollte zeigen, | |
dass es in Ordnung ist, als Mann Brüste zu haben. Dass ich trotzdem stolz | |
auf meinen Körper sein kann. Ich wollte mich nicht so sehr an die | |
gesellschaftliche Norm anpassen. Außerdem hatte ich Angst, durch die OP die | |
Sensibilität an meinen Brustwarzen zu verlieren. Der Film war eine Art | |
Museum, eine Dokumentation meiner Identität: Das war ich, und das bin ich. | |
Das ist meine Vergangenheit. | |
Glauben Sie, dass wir als Gesellschaft irgendwann an einen Punkt gelangen, | |
an dem sich alle in ihrer Haut wohlfühlen können? | |
Ich glaube nicht, dass sich die kollektive Wahrnehmung der Gesellschaften | |
so radikal ändern kann. Dafür ist das binäre Denken zum Thema Geschlecht zu | |
tief verwurzelt, wir denken zu heteronormativ. Zumindest wir werden es | |
nicht miterleben. | |
Warum haben Sie „The 36-year-old Virgin“ gedreht? | |
In dem Film schlafe ich das erste Mal mit einem Mann. Aufgrund meiner | |
christlichen Erziehung habe ich früher, als ich sehr jung war, gedacht, ich | |
würde meine erste sexuelle Erfahrung mit meinem Ehemann machen. Mit 22 habe | |
ich mich als Lesbe geoutet. Ich habe viel für meine Identität als Lesbe | |
gekämpft und wurde dafür auch diskriminiert. Die Option, einen Mann | |
attraktiv finden zu können, habe ich damals komplett abgelehnt. Dann habe | |
ich meine wahre Identität als Mann entdeckt und angefangen, Hormone zu | |
nehmen. Da war mir die Idee nicht mehr so fremd; ich bin ein Mann, aber | |
kein Hetero. Mit 30 Jahren war alles möglich, die Idee, Sex mit einem Man | |
zu haben, hat mich aber noch immer nervös gemacht. Ich hatte Angst. Da | |
spielte auch wieder meine christliche Erziehung eine große Rolle: Ich | |
dachte, dass es wehtut und blutet. Nachdem mir „Hello Titty“ so geholfen | |
hatte, habe ich mich entschieden, auch diese erste Erfahrung mithilfe eines | |
Films zu machen; diesmal mit meinen Freund*innen. Ich wollte sagen können: | |
„Halte mir die Hand, wenn ich Angst habe.“ | |
Verlief alles so, wie Sie es sich vorgestellt haben? | |
Nein. Ich habe nicht erwartet, dass ich während des Drehs weinen würde. | |
Warum haben Sie geweint? | |
Weil ich es dann doch nicht durchziehen konnte. Nachdem mein Filmpartner | |
mit dem Finger in meine Vagina eingedrungen war, habe ich angefangen zu | |
weinen. Zur Penetration mit dem Penis kam es dann nicht mehr. Aus diesem | |
Grund habe ich mich geschämt, und ich war enttäuscht. | |
In diesem Moment greifen Sie dann tatsächlich nach der Hand einer Freundin | |
– ein sehr berührender Augenblick. | |
Ja. Und am Ende bin ich mit dem Ergebnis doch zufrieden; Menschen sollen | |
sehen, dass Sex nicht immer leicht ist. Manchmal weint man eben, weil Dinge | |
in einem aufkommen. Sex ist kompliziert, er läuft nicht immer so wie in | |
Mainstream-Pornos oder Filmen. | |
28 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Sibel Schick | |
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