| # taz.de -- Der Berliner Wochenkommentar II: Die Solidarität stärken | |
| > Auch ein Air-Berlin-Pilot verdient Mitleid, wenn er weniger verdient als | |
| > bisher. Aber was ist mit all den Anderen, die dank Air-Berlin-Pleite | |
| > keinen Job mehr haben? | |
| Bild: Kein Herz für die Ex-MitarbeiterInnen von Air Berlin | |
| Ein Airbus-Kapitän der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin soll nach | |
| eigener Rechnung künftig statt 170.000 Euro brutto im Jahr nur noch 129.500 | |
| Euro bei Eurowings verdienen. „Dem geht es ja wohl zu gut“, heißt es jetzt | |
| oft. Na ja, aber er hat Familie, ist nicht mehr der Jüngste und muss | |
| vielleicht weit wegziehen … „Na und? Das ist bei dem Gehalt doch zumutbar�… | |
| könnte man antworten. Ist es falsch, mit reichen Menschen Mitleid zu haben? | |
| Es stimmt natürlich: Von einem Jahresgehalt in Höhe von 129.500 Euro können | |
| viele ihr Leben lang nur träumen. Krankenpfleger*innen zum Beispiel, | |
| Verkäufer*innen, Sozialarbeiter*innen, taz-Redakteur*innen. Oder auch | |
| die direkten Kolleg*innen des Piloten, die Flugbegleiter*innen, von denen | |
| eine berichtete, sie würde bei Eurowings nur noch 1.500 Euro netto | |
| verdienen. Damit reiht sie sich in die obige Auflistung mühelos ein. | |
| Doch die Menschen in ihrer existenziellen wie emotionalen Extremsituation | |
| gegeneinander auszuspielen, wäre falsch. Viel wichtiger ist es, die | |
| Solidarität der Beschäftigten untereinander zu stärken. Denn die versuchen | |
| Air Berlin – am Freitag zum letzten Mal gestartet und gelandet –, Lufthansa | |
| und Eurowings gerade zu brechen. Sie versuchen das, indem sie die | |
| langjährigen Mitarbeitenden zwingen wollen, sich auf ihre eigenen Jobs neu | |
| zu bewerben. Sie versuchen das, indem sie den ersten 15, die sich etwa als | |
| Trainingskapitäne bewerben, 20.000 Euro versprechen. | |
| Sie versuchen das, indem sie die 400 Piloten- und 800 | |
| Flugbegleiter*innen-Stellen, die Eurowings ausschreibt, allen zugänglich | |
| machen, nicht nur Air-Berliner*innen. Sie versuchen das, indem sie ihre | |
| Mitarbeitenden dazu anhalten, sich so schnell wie möglich zu bewerben, | |
| anstatt ihre Rechte wahrzunehmen. Bei Air Berlin gibt es viele | |
| Alleinerziehende, Mütter, alleinstehende Frauen, die auf das Geld besonders | |
| angewiesen sind. Solidarität ist teuer, und nicht jede*r kann sie sich | |
| leisten. | |
| Das weiß auch die Lufthansa und wollte sich partout nicht an einer | |
| Auffanggesellschaft beteiligen, die mittlerweile ohnehin vom Tisch ist. | |
| Dadurch hätten die Menschen ja womöglich noch ausreichend Absicherung | |
| gehabt, um Rückgrat zu zeigen. Wer da eingetreten wäre, hätte übrigens auch | |
| sein Klagerecht gegenüber Air Berlin eingebüßt. | |
| Wer von seinem langjährigen Arbeitgeber und dem Aushängeschild der | |
| deutschen Luftfahrt derart mit Füßen getreten wird, der verdient Mitleid, | |
| ganz unabhängig vom Gehalt. | |
| 28 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Voß | |
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