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# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Die Hetzer haben längst verloren
> Was hat ein Messerattentat in München mit „TV“ zu tun, kann man fragen.
> Die Antwort ist immer die gleiche: Die Globalisierung kommt: Deal with
> it!
Bild: Deutscher Brunch, Alda
„Nachdem viele Hetzer ihre Frage wieder löschen, weil die Antwort offenbar
nicht in ihre Schublade passt: Geburtsland des TV ist Deutschland“,
[1][schreibt die Münchner Polizei auf Twitter]. Wir sind beim Fressen. Das
ist die deutsche Antwort auf Brunch. Breakfast plus Lunch gleich Brunch.
Frühstück plus Mittagessen gleich Fressen. Deutsche Logik in Zeiten von
Denglish. Zwischen dem halbfest gekochten Ei und dem Croissant, kommt die
Frage dann aber doch noch auf. „Was hat das TV jetzt damit zu tun?“
Eventuell ist das Fernsehen auch von Überfremdung bedroht, who knows.
Im Saarland versprach ein NPD-Kandidat kürzlich, die arabischen Zahlen
abzuschaffen. Für die Kids unter euch: NPD, das ist diese Nazi-Partei, die
lange vor der AfD AfD-Positionen vertreten hat, aber nicht so geübt darin
war, das Ganze gutbürgerlich zu verkaufen. Bei dem Tweet der Münchner
Polizei lösen sich langsam die Fragezeichen auf: „TV“ steht für
Tatverdächtiger, nicht für Television. Es geht um einen Mann, der in
München wahllos auf Passanten eingestochen hat.
„Tatverdächtiger ist 33-jähriger Deutscher“, titelt der Spiegel. Da er
nicht „Allahu Akbar“ geschrien hat, wird er als geistesgestört deklariert.
Als ob jemand, der glaubt, ein unsichtbarer Mann, der auf einer Wolke
sitzt, habe ihm befohlen, andere Menschen umzubringen die nicht – oder
nicht doll genug – an den unsichtbaren Mann glauben, nicht ein
Paradebeispiel für offensichtliche Geisteskrankheit wäre.
## Menschen reisen, wohnen und vögeln weltweit
Aber darum geht’s nicht, jetzt wird erst mal ausdiskutiert, wo die Eltern
herkamen und ob nicht vielleicht doch eine Oma aus Bosnien oder
Taka-Tuka-Land kam.
Als ob das ein Problem lösen würde. Als ob nicht jedem Menschen längst
klar wäre, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis es so etwas wie den
„Volkskörper“ nicht mehr gibt. Menschen reisen, wohnen, leben und vögeln
inzwischen weltweit. Und sie haben Spaß dabei. Deal with it. Auch die
Gegner dieser natürlichen Globalisierung wissen das. Gewinnen werden sie
diesen Kampf eh nicht mehr, jetzt wird nur noch gestänkert und aufgehetzt,
bis es dann bald in die Urne geht und sich niemand mehr an ihren sinnlosen
Feldzug erinnern wird.
Es gibt nichts Deutscheres als den unbedingten Wunsch, die Herkunft eines
Kriminellen herauszufinden, um dann die Tat, die Ursachen dieser Tat und
weitere Taten weit von sich weg zu schieben. Wie sagen die Rechten so gern
im Netz? „Hat natürlich alles mit nichts zu tun.“
Eine gute Zustandsbeschreibung der eigenen Weltsicht, wenn man immer wieder
manisch versucht, aufgrund der Herkunft eine mörderische, abstoßende Tat zu
erklären. Diese Weigerung, zu akzeptieren, dass es bald nicht mehr wichtig
oder exakt bestimmbar ist, aus welchem Land jemand kommt, ähnelt dem
Glauben an den unsichtbaren Mann schon sehr.
23 Oct 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/PolizeiMuenchen/status/921779168412622848
## AUTOREN
Juri Sternburg
## TAGS
Polizei
Islamismus
Globalisierung
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DGB
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