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# taz.de -- Rassismusvorwurf gegen Leipziger Polizei: Empörung über Nachteins…
> Teilnehmer einer Tagung in Leipzig wurden von der Polizei für Einbrecher
> gehalten. Nur, weil sie schwarz waren? Die Polizei bestreitet das.
Bild: Nicht bei allen beliebt: Farbbeutelanschlag auf ein Leipziger Polizeirevi…
Berlin taz | Eine Konferenz in Leipzig schlägt nachträglich hohe Wellen.
Zwei Teilnehmer, die aus Kamerun stammen und in Deutschland leben, werden
ihren Aufenthalt in der sächsischen Messestadt wohl so schnell nicht
vergessen. Während der dreitägigen Konferenz waren sie in der Wohnung einer
Tagesmutter untergebracht, die dort unter der Woche Kleinkinder betreut.
Nachbarn kamen die Gäste aber offenbar suspekt vor, weshalb sie die Polizei
riefen. Die Beamten klingelten die Gäste am Samstagabend aus dem Schlaf und
gingen dabei recht grob vor – einem der Gäste legten sie sogar Handschellen
an. Das hat nun ein öffentliches Nachspiel.
Nachdem er die Tür geöffnet habe, sei einer der Polizisten sofort gewaltsam
auf ihn losgegangen, habe „Ausweis, Ausweis“ gerufen und ihm schmerzhaft
den Arm verdreht, berichtet der Referent Péguy Takou Ndie. „Ich wollte
einen Freund anrufen, damit er mit der Polizei spricht, warum wir hier
untergebracht sind und dass alles seine Richtigkeit hat“, so Péguy Takou
Ndie, „aber ich wurde gar nicht erst angehört. Mir wurde einfach der Arm so
sehr nach hinten gebogen, dass ich heute noch Schmerzen in der Schulter
habe.“
Der zweite Betroffene, der Filmemacher Richard Djif, stützt diese
Darstellung: „Mich hat schockiert, dass die Polizisten sofort Gewalt
angewendet haben, obwohl wir nur Schlafanzüge trugen und ganz
offensichtlich nicht gefährlich waren.“ Beide beteuern, ruhig reagiert und
sich gesprächsbereit gezeigt zu haben. Erst nachdem die Organisatoren der
Konferenz herbeigerufen wurden und mit den Polizisten sprechen konnten,
seien die Gäste in Ruhe gelassen, und die Polizei verließ den Ort, heißt
es.
## Veranstalter sprechen von „rassistischer Polizeigewalt“
Das Organisationsteam der Konferenz spricht von rassistisch motivierter
Polizeigewalt. „Wir sind empört, weil es wegen Alltagsrassismus und
Polizeigewalt unmöglich war, ungestört die Zusammenhänge von Migration,
selbstbestimmter Entwicklung und ökologischer Krise zu diskutieren und
konkrete Handlungsmöglichkeiten zu besprechen“, klagt Matthias Schmelzer
vom Konzeptwerk Neue Ökonomie in einer Presseerklärung.
Neben anderen Vereinen hatte sein Verband am vergangenen Wochenende die
Konferenz „Selbstbestimmt und solidarisch!“ zu „Migration, Entwicklung und
ökologischer Krise“ in Leipzig organisiert. Vom Leipziger Initiativkreis
„Menschen.Würdig.“ heißt es, es gehöre zur sächsischen Realität, dass …
der Polizei mit Pegida sympathisieren. Darum sei das Vorgehen nicht
überraschend.
Die Leipziger Polizei weist diese Vorwürfe scharf zurück. „Die Leipziger
Polizei ist nicht rassistisch!“, heißt es in einer Pressemitteilung der
Behörde, welche deren Sicht schildert. Demnach seien die Beamten am
Samstagabend gerufen worden, weil in der im Erdgeschoss eines
Mehrfamilienhauses ansässigen Kindertagesstätte mehrere Unbekannte bemerkt
worden seien. Weil in den Räumen der Kindertagesstätte kein Licht gebrannt
habe, aber Menschen zu hören gewesen seien, habe ein Beamter mehrfach gegen
die Tür geklopft und mit den Worten „Polizei, aufmachen!“ diese
aufgefordert, die Tür zu öffnen.
Die Tür sei erst nach einer Weile geöffnet worden, woraufhin man die
Personen aufgefordert habe, sich auszuweisen, weil man sie für „Unbefugte“
hielt. Eine Person sei „unverständlicherweise zunehmend verbal aggressiv“
aufgetreten und habe sich geweigert, ihren Ausweis zu suchen. Weil dieser
Mann handgreiflich geworden sei, habe man ihm „kurzzeitig“ Handschellen
angelegt. Nachdem telefonisch geklärt werden konnte, dass es sich um Gäste
handelte, denen die Wohnung zur Übernachtung überlassen worden sei, habe
man die Handschellen entfernt. Von Schmerzen sei dabei jedoch keine Rede
gewesen.
## Leipzigs Polizeipräsident keilt zurück
Das Bündnis „Menschen.Würdig“, fordert von der Leipziger Polizei, sich bei
den beiden Männern zu entschuldigen. Kim Schönberg vom Initiativkreis
fordert, dass „interkulturelle Kompetenzen sowie Antirassismustraining zum
Inhalt verpflichtender Fortbildungen werden“, und spricht sich für eine
unabhängige Beschwerdestelle aus, um Fehlverhalten der Polizei zu
verfolgen.
Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz nennt die Rassismusvorwürfe dagegen
„eine Unverschämtheit“, „Stimmungsmache“ und spricht von „Stigmatisi…
der Polizei“. Er verwahre sich entschieden dagegen, dass seine Beamten als
„rassistisch“ dargestellt würden, empört er sich.
Merbitz wirft den Veranstaltern vielmehr vor, sie hätten die Polizei vorab
über die Veranstaltung und deren Gäste informieren müssen. „Kann man es
einem Bürger verübeln, welcher über Notruf die Polizei verständigt, wenn
Personen zu ungewöhnlicher Zeit in einer Kindertagesstätte sind“, fragt er.
„Was wäre, wenn die Polizei nicht reagiert hätte“? Seine Beamten hätten …
Verdacht gehegt, dass es sich um einen Einbruch gehandelt habe. Das habe
mit der Hautfarbe nichts zu tun, so Merbitz. Er habe kein Verständnis
dafür, seine Beamten öffentlich anzuklagen, ohne zuvor das Gespräch mit ihm
gesucht zu haben.
„Ich fühle mich sehr unsicher in Deutschland, wenn rassistische Vorurteile
bei der Polizei zu solchen Übergriffen führen“, sagt dagegen Richard Djif.
So steht in Leipzig nun Aussage gegen Aussage.
11 Oct 2017
## AUTOREN
Daniel Bax
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Polizei Sachsen
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