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# taz.de -- SPD-Abgeordneter zum Ei-Skandal: „Was wusste Horst Seehofer?“
> Ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag soll klären, warum sich
> die Lebensmittelskandale häufen. Daran beteiligt ist der SPD-Mann Florian
> von Brunn.
Bild: Rumgeeiert: Betriebsgelände der Firma Bayern-Ei im bayerischen Wallersdo…
taz: Herr von Brunn, [1][im Untersuchungsausschuss] wollen Sie auch Horst
Seehofer befragen. Was erwarten Sie sich davon?
Florian von Brunn: Wir wollen wissen, inwieweit er in die ganzen Vorgänge
einbezogen war, ob es direkt oder indirekt Kontakt zwischen ihm und der
Firma Bayern-Ei gab. Und wie viel er wusste. In den Akten gibt es auch
Hinweise, dass Herr Seehofer im Jahr 2006, als er noch
Bundeslandwirtschaftsminister war, von dem Deggendorfer Landrat Christian
Bernreiter in Sachen Bayern-Ei kontaktiert wurde.
Der Salmonellen-Skandal war aber erst 2014.
Uns interessieren aber auch die größeren Zusammenhänge: Wie nah war
Hühnerbaron Stefan Pohlmann an der Politik dran? Welchen Einfluss hatte er?
Herr Bernreiter hatte vorgeschlagen, das Verbot der damaligen Käfighaltung
noch mal um zwei Jahre aufzuschieben. Vermutlich, weil er Pohlmann
Entgegenkommen signalisieren wollte, mit dem er damals wegen einer von
Bayern-Ei verursachten Fliegenplage im Gespräch war. Tatsächlich wurde dann
erst 2008 auf die Kleingruppenhaltung umgestellt.
Und Sie vermuten Böses …
Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt. Aber wenn das tatsächlich
eine Lex Pohlmann war, wäre es natürlich ein weiterer Skandal.Bayern-Ei ist
nur einer von mehreren Lebensmittelskandalen in Bayern. Warum gibt es
gerade hierzu einen Untersuchungsausschuss?
Der Fall Bayern-Ei ist schon besonders gelagert, weil die Betriebe der
Familie Pohlmann ja früher schon regelmäßig Negativschlagzeilen gemacht
haben. Und dann hat es auch eine europaweite Dimension. In Österreich ist
wahrscheinlich sogar ein Todesfall auf den Salmonellenskandal
zurückzuführen.
Beim Wurstfabrikanten Sieber gab es zuletzt einen Listerienskandal. Dabei
starben vermutlich sogar acht Menschen.
Dass dieser Fall nicht durch einen Untersuchungsausschuss untersucht wird,
bedauere ich. Ich hatte das vorgeschlagen, fand aber nicht die Zustimmung
der Kollegen aus den anderen Oppositionsparteien.
Ist Bayern tatsächlich so ein Eldorado für kriminelle
Lebensmittelproduzenten?
In Bayern herrscht eine besonders hohe Unternehmerfreundlichkeit. Da steht
nicht der Verbraucher im Vordergrund – sondern der Unternehmer. Das hat mit
dem dicken schwarzen Filz infolge der jahrzehntelangen CSU-Regierung zu
tun. Da wird, selbst wenn Gefahr im Verzug ist, teilweise noch wie auf dem
Basar mit den Unternehmern um eventuelle Maßnahmen gefeilscht.
Außer Seehofer stehen noch 73 weitere Zeugen auf der Liste – von wem
erwarten Sie sich am meisten Aufklärung?
Es wird bei allen spannend. Wir fangen unten bei den Landratsämtern an,
arbeiten uns dann über die Regierung von Niederbayern und das Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bis zu den wirklich politisch
Verantwortlichen hoch. Durch diese Vorgehensweise kann man dann auch
Zeugenaussagen miteinander vergleichen und auf ihren Wahrheitsgehalt
überprüfen.
Für Sie steht außer Frage, dass es auch eine politische Verantwortung für
den Skandal gibt?
Ich vermute das stark. Und bei wem liegt die?
Aus meiner Sicht vor allem bei Staatskanzleichef Marcel Huber, der damals
Umweltminister war. Er wusste über die Vorgänge Bescheid, hat sich aber mit
dem laschen Vorgehen der Behörden zufriedengegeben. Huber hat auch
entschieden oder zumindest verantwortet, dass die Sache nicht an die
Öffentlichkeit gehen sollte.
Was war denn am Vorgehen der Behörden so lasch?
Statt eine öffentliche Warnung auszusprechen, hat man sich mit der
Aufforderung an Pohlmann begnügt, er solle doch bitte die verdächtigen Eier
bei seinen Kunden zurückrufen. Und dass Bayern-Ei nach dem Salmonellenfund
weiter ausliefern durfte, weil nur ein Teil der Ställe gesperrt war, ist
für uns auch nicht nachvollziehbar.
Untersuchungsausschüsse kommen selten zu einem überraschenden Ergebnis.
Sind Sie zuversichtlich, dass dieser Ausschuss mehr wird als ein Spektakel?
Natürlich wird die CSU am Ende einen Mehrheitsbericht beschließen, der
besagt, dass alles in Ordnung ist und niemand Fehler gemacht hat. Aber wir
werden einen differenzierteren Minderheitenbericht vorlegen. Und allein
dadurch, dass wir die Akten lesen und die Zeugen befragen können, erwarte
ich mir schon einen Erkenntnisgewinn: Wir werden deutlich sehen, wie
Behörden in Bayern mit Unternehmen umgehen.
11 Oct 2017
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## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Ei
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Bayern
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Verbraucherschutz
Antibiotikaresistenz
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