# taz.de -- Nachhaltige Kleidung: Situation für Frauen verbessern | |
> Schauspiel oder Wandel, das ist die Frage: Beim Mitgliedertreffen des | |
> Textilbündnisses ist auch Thema, wie es ohne Minister Müller weitergeht. | |
Bild: Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie waren Minister Gerd Müller… | |
BERLIN taz | Wer wird der oder die Neue? Die Mitglieder des | |
Textilbündnisses haben allen Grund zur Spekulation über den neuen Chef im | |
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). | |
Das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ ist eng mit dem bisherigen Minist… | |
Gerd Müller (CSU) verbunden. Wenn sich am heutigen Mittwoch die Mitglieder | |
zur großen Sitzung treffen, diskutieren sie offiziell darüber, wie die | |
Maßnahmenpläne der Mitglieder flexibler gestaltet werden können. | |
Inoffiziell geht es um die Zukunft des Bündnisses unter einer neuen | |
Regierung. Geld und Organisationsstruktur stehen dem Projekt bis Ende 2018 | |
zur Verfügung. Wie es danach weitergeht, ist offen. 150 Mitglieder hat das | |
Bündnis heute, die Unternehmen darin decken etwa die Hälfte des deutschen | |
Textilmarktes ab. Auf einen zögerlichen Start ohne Wirtschaftsverbände und | |
große Unternehmen folgten stetige Austrittsdrohungen der | |
zivilgesellschaftlichen Organisationen und einer tatsächlichen | |
Austrittswelle von Unternehmen im Frühjahr. | |
Noch immer ist nicht abzusehen, ob das Bündnis nur ein großes Schauspiel | |
war, das politische Aktivität nur vortäuschte – oder ob es die Branche | |
verändert. Wichtigstes Instrument im Bündnis sind die Zielvorgaben, die | |
sich die Mitglieder selbst setzen und in Roadmaps festhalten. „Sie sind | |
aufgrund mangelnder Vorgaben schwer vergleichbar“, sagt Gisela Burckhardt | |
von der Meschenrechtsorganisation Femnet, „die Zielformulierungen sind oft | |
nicht präzise, wodurch der Fortschritt nicht messbar wird“. | |
So gibt etwa Aldi Nord in seiner Roadmap das Ziel an, den Anteil | |
nachhaltiger Naturfasern verdoppeln zu wollen, allerdings ohne | |
Vergleichsmenge. Auf Nachfrage teilt Aldi mit, 2016 habe der Anteil bei 8,2 | |
Prozent gelegen und sei in diesem Jahr auf 21 Prozent gesteigert worden. | |
„Nachhaltigkeit“ ist allerdings auch in der Textilienkette kein klarer | |
Begriff. „Zukünftig müssen klare Zeit- und Mengenziele als Mindeststandards | |
zugrunde gelegt werden“, so Burckhardt, „wenn dies nicht geschieht, sehe | |
ich keine Zukunft für das Bündnis“. | |
Die Aktivistin stellt jedoch auch Erfolge fest. Das Bündnis hat Projekte | |
auf den Weg gebracht, etwa in Tamil Nadu. In diesem Bundesstaat an der | |
Südspitze Indiens konzentrieren sich Spinnereien, in denen die | |
Arbeitsverhältnisse an Sklavenarbeit erinnern. „14- bis 18-jährige Mädchen | |
werden auf dem Fabrikgelände eingesperrt und bekommen einen äußerst mageren | |
Lohn“, berichtet Burckhardt. In der Region unterstützen die Unternehmen | |
Otto, Tchibo, Hugo Boss und KiK sowie Femnet, Fairtrade und die | |
Bundesregierung nun eine Initiative, die die Situation von Mädchen und | |
Frauen verbessern soll. | |
In 300 der rund 2.000 Spinnereien sollen Trainings durchgeführt und | |
Fabrikkomitees gebildet werden, damit die Arbeiterinnen sich besser gegen | |
sexuelle Übergriffe wehren und sich über Missstände in ihren Fabriken | |
austauschen können. „Das ist ein hoffnungsvolles Projekt“, sagt Burckhardt, | |
„weil es von der örtlichen Zivilgesellschaft getragen wird.“ Ohne das | |
Textilbündnis wäre es ihr kaum gelungen, die Unternehmen zur Teilnahme zu | |
gewinnen. | |
11 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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