# taz.de -- Türkei und Iran sind sich einig: Kein „neues Israel“ im Nahen … | |
> Alles, bloß kein eigener kurdischer Staat: Das ist das Ergebnis nach dem | |
> Treffen des türkischen und des iranischen Präsidenten. | |
Bild: Besties: Erdoğan und Rohani | |
Athen taz | Wieder einmal bestätigt sich im Nahen Osten der Spruch: Der | |
Feind meines Feindes ist mein Freund. Nach Jahren des Misstrauens und | |
offener Auseinandersetzung in Syrien ist plötzlich zwischen der Türkei und | |
dem Iran eine große Freundschaft ausgebrochen. Der Grund dafür ist das | |
Unabhängigkeitsstreben der Kurden im Nordirak. Das wird von beiden Ländern | |
als ein „neues Israel“, das es in der Region zu verhindern gelte, massiv | |
verurteilt. | |
Am Mittwoch war deshalb der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan | |
gemeinsam mit seinem Generalstabschef Hulusi Akar für einen eintägigen | |
Staatsbesuch in Teheran. Während Erdoğan den iranischen Präsidenten Hassan | |
Rohani und den geistigen Führer Ajatollah Ali Chamenei traf, konferierte | |
Hulusi Akar mit dem iranischen Generalstabschef Mohammed Bakhari. | |
Mohammed Bakhari war bereits im August, also noch vor dem Referendum der | |
Kurden, zu einem Besuch Hulusi Akars in Ankara gewesen, um über mögliche | |
militärische Maßnahmen gegen die irakischen Kurden zu reden. Das war das | |
erste Mal seit der iranischen Revolution 1979, dass ein hoher iranischer | |
Militär die Türkei besuchte. | |
Doch obwohl Rohani und Erdoğan sich nach ihrem Treffen völlig einig in der | |
Verurteilung der Kurden waren, machte der türkische Präsident auf dem | |
Rückflug nach Ankara gegenüber türkischen Journalisten klar, dass beide | |
Länder zunächst keine offensiven militärischen Maßnahmen ergreifen würden. | |
## Wirtschaftlicher Druck | |
Stattdessen soll der wirtschaftliche Druck erhöht werden. Weder der Iran | |
noch die Türkei wollen den Kurden mehr ihr Öl abnehmen oder den Transport | |
kurdischen Öls über ihr Territorium zulassen. Auch für alle anderen Güter | |
sollen die Grenzen gesperrt bleiben. | |
Besonders wichtig war am Mittwochabend das Treffen Erdoğans mit Ajatollah | |
Chamenei. Der geistige Führer des Iran ist krank und empfängt gewöhnlich | |
keine auswärtigen Besucher mehr. Für Erdoğan gab es eine Ausnahme, wohl | |
auch, weil es in dem Gespräch dann vor allem darum ging, die ideologische | |
Dimension der Auseinandersetzung deutlich zu machen. | |
Nach einer Erklärung, die das Büro von Chamenei nach dem Gespräch | |
veröffentlichte, waren sich Erdoğan und der eigentliche Herrscher im Iran | |
einig, dass das kurdische Referendum vor allem ein Komplott Israels und der | |
USA sei. | |
Erdoğan habe demzufolge erklärt, die Türkei habe Dokumente darüber, dass | |
der kurdische Autonomieführer Masud Barzani von Israel und den USA | |
angestiftet worden sei, auch wenn die USA öffentlich etwas anderes | |
behaupten. Das Ziel sei „ein weiteres Israel“ in der Region, also eine von | |
den USA und Israel gesteuerte Enklave in der arabisch-muslimischen Welt. | |
Das soll in jedem Fall verhindert werden. | |
Tatsächlich ist die israelische Regierung die einzige weltweit, die sich | |
offen für die Gründung eines kurdischen Staates ausgesprochen hat. Das fußt | |
nicht zuletzt auf historischen Allianzen. | |
## Israel unterstützt Kurden | |
Schon als die irakischen Kurden 1975 gegen den damaligen Herrscher Saddam | |
Hussein um ihre Unabhängigkeit kämpften, wurden sie von Israel unterstützt. | |
Das war nicht zuletzt eine Folge davon, dass die Kurden die Auswanderung | |
irakischer Juden nach Israel unterstützt hatten. Im Gegensatz zu allen | |
anderen arabischen Führern hatte Barzani deshalb nie Berührungsängste mit | |
Israel. | |
Für die Türkei und den Iran ist die Denunziation eines möglichen kurdischen | |
Staates als „neues Israel“ dagegen die Chance, den Konflikt über ihre | |
Befürchtung kurdischer Sezessionsbewegungen in ihren Ländern hinaus, zu | |
einem allgemein arabisch-muslimischen Kampf gegen den Kurdenstaat zu | |
machen. | |
5 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Wolf Wittenfeld | |
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