# taz.de -- Zukunft des Hamburger Fernsehturms: Kaffeezeit im Luftschloss | |
> Nach 20 Jahren soll der Hamburger Fernsehturm wieder eröffnet werden. | |
> Doch hinter den Kulissen verderben zu viele Einzelinteressen das | |
> Comeback. | |
Bild: Wird wiederbelebt – oder auch nicht: Der Hamburger Fernsehturm. | |
HAMBURG taz | Kaffee und Kuchen in luftiger Höhe, 128 Meter über dem | |
Erdboden genießen. Geht es nach dem Hamburger Bundestagsabgeordneten | |
Johannes Kahrs (SPD), wird es ab 2021 wieder möglich sein, auf der | |
Aussichtsplattform des Fernsehturms zu speisen. | |
Doch Kahrs’Prognose könnte sich als zu optimistisch erweisen. Denn es gibt | |
zwar Geld für die Sanierung des maroden Wahrzeichens, aber noch kein | |
Konzept. Und trotz zahlreicher Gespräche hinter verschlossenen Türen sieht | |
es nicht nach einem baldigen Durchbruch aus. | |
2001 wurde der 1968 eingeweihte Heinrich-Hertz-Turm für die Öffentlichkeit | |
geschlossen, wegen akuter Asbest-Gefahr. Zwar wurde das Ultra-Gift längst | |
entfernt, doch die Aussichtsplattform blieb dicht. Hohe | |
Sanierungsaufwendungen, Kosten für Brandschutz und ein kompliziertes | |
Evakuierungskonzept vergraulten jeden potenziellen Interessenten. Die | |
Deutsche Funkturm GmbH (DFMG), Besitzerin der höchsten Hamburger Immobilie, | |
fand keinen Pächter. | |
## Konzept lässt auf sich warten | |
15 Jahre vergingen, bis Bewegung in die Sache kam. Vor knapp einem Jahr | |
gelang es Johannes Kahrs (SPD) und seinem Eimsbüttler Abgeordnetenkollegen | |
Rüdiger Kruse (CDU), 18, 5 Millionen Euro Sanierungsgelder aus dem Bund | |
loszueisen. | |
Einzige Bedingung: Hamburg müsse sich mit derselben Summe an der Sanierung | |
beteiligen. Der Senat sagte zu und versprach, der Bürgerschaft ein Konzept | |
vorzulegen, da die benötigten Millionen auf mehrere Haushaltspläne verteilt | |
werden müssen. Das Konzept aber lässt bis heute auf sich warten. | |
Diesen „andauernden Stillstand“ beklagt der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete | |
Jens Mayer und fordert, dass endlich „ein konkreter Zeitplan für die | |
Sanierung vorgelegt und ein leistungsfähiger Betreiber gefunden“ wird. | |
Rüdiger Kruse hingegen wundert das Zeitlupentempo beim Turm-Comeback nicht: | |
„Es dauert, wenn das Land und der Bund als gemeinsame Geldgeber Projekte in | |
geordnete Bahnen lenken.“ Dass A und O sei „ein realistisch | |
durchgerechnetes Betreiber-Konzept.“ | |
## Sondermünzen mit Turm-Motiv | |
Immerhin: Vier Unternehmen haben bereits ihr Interesse bekundet, die | |
Fernsehturm-Gastronomie zu übernehmen, darunter die TV Turm Alexanderplatz | |
Gastronomiegesellschaft, die auch den Berliner Funkturm betreibt, der | |
Hamburger Caterer Brunckhorst und sein niederländischer Konkurrent Maison | |
van den Boer. | |
Rund fünf Millionen Euro für die Inneneinrichtung wird der zukünftige | |
Pächter genauso mitbringen müssen wie ein plausibles Konzept, wie die | |
Turmgastronomie kostendeckend funktioniert. Die Berliner Turm-Gastronomen | |
haben bereits eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die zeigt, dass was in | |
Berlin funktioniert, sich auch in Hamburg rechnen dürfte. | |
Das angestrebte Comeback des Turms hat viele Väter – vielleicht zu viele. | |
So hat sich 2014 eine Stiftung gegründet, die, etwa über den Verkauf von | |
Sondermünzen mit Fernsehturm-Motiv Gelder einsammeln will, um die | |
Wiedereröffnung auf finanziell solide Beine zu stellen. Die Stifter legten | |
am Mittwoch ihr Konzept vor, wollen den Turm mieten und anschließend weiter | |
verpachten. | |
## Aufwertung des Viertels | |
Doch die Stiftung hat nicht nur Freunde. So würde der SPD-Bürgerschaftler | |
Markus Schreiber, der im Hintergrund das Fernsehturm-Projekt vorantreibt, | |
sie gerne ganz außen vor lassen. Unklar ist auch, ob die DFMG bremst. Die | |
Telekom will 49 Prozent der Anteile ihrer Tochter möglichst noch in diesem | |
Jahr verkaufen – und eine Entscheidung über die Zukunft des | |
Heinrich-Hertz-Turms möglicherweise gemeinsam mit dem neuen Miteigentümer | |
treffen. | |
Mit mindestens 600.000 bis 700.000 Besuchern pro Jahr, die für einen Lift | |
auf die Plattform jeweils rund 10 Euro zahlen werden müssen, rechnen Stadt | |
und Stiftung. Der Berliner Fernsehturm bringt es auf doppelt so viele | |
Gäste. Zahlen, die während der Stiftungspräsentation bei einer Anwohnerin | |
Ängste auslösten, dass mit der Turm-Gastro „noch mehr Verkehr und noch mehr | |
Aufwertung ins Karo-Viertel“ kommt. Eine Befürchtung, die die | |
Stiftungs-Gründer nicht so recht entkräften konnten. Doch bis dahin wird | |
noch Zeit vergehen. Denn selbst mit den Geldern aus Berlin könnte die | |
Teatime in 128 Metern Höhe noch lange ein Luftschloss bleiben. | |
12 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
## TAGS | |
Hamburg | |
Fernsehturm | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Stadtentwicklung | |
Nullen und Einsen | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Stadtplanung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Nullen und Einsen: Renaissance der Restmoderne | |
Die Verabscheuung von Nachkriegsbauten gilt nicht für Fernsehtürme. Sie | |
gelten gar als Wahrzeichen – und machen Technik anschaulich. | |
Berliner Leichen-Museum: Tote jetzt in Goldfolie | |
Das Menschen Museum unterm Fernsehturm hat am Montag wieder eröffnet – | |
unter Auflagen und anhaltender Kritik des Bezirks. | |
Kommentar Neuer Stadtteil für Hamburg: Ohne Olympia wird's besser | |
Hafenwirtschaft, Wohnen und Gewerbe: eine sinnvolle Mischung. Jetzt kommt | |
es darauf an, dass Hamburgs neuer Stadtteil ein lebendiger wird. | |
Stadtentwicklung von oben: Senat will grünes Dach | |
Jetzt muss nur noch die Bürgerschaft der Begrünung des Klotzes an der | |
Feldstraße zustimmen. Ein Stadtplaner hält die Genehmigung allerdings für | |
unzulässig |