# taz.de -- Rot-rot-grüne Konflikte: Wieder Wahlkampf in Berlin | |
> Nach dem Wahldebakel der SPD zählt Landeschef Michael Müller die Linke | |
> an. Die wiederum bleibt bei ihrem selbstbewussten Kurs. Die Umfragen | |
> geben ihr recht. | |
Bild: Klaus Lederer und Michael Müller. Mal sehen, wem das Lächeln als erstem… | |
Bau auf, bau auf. Als die SED noch eine staatstragende Kraft war, wurde | |
gern von der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik schwadroniert. Der | |
Bau neuer Wohnungen, vornehmlich als Plattenbau in Großsiedlungen, war | |
dafür ein Beispiel: Die Bauwirtschaft brummte, die Menschen bekamen Bad und | |
Warmwasser, und die, die aufmuckten, wohnten in verrotteten Altbauten, Asis | |
halt. | |
Nun, da die SED Linkspartei heißt und wieder – zumindest in Berlin –, | |
stadtstaatstragend ist, will das mit dem Bauen nicht mehr so recht klappen. | |
Behauptet zumindest die SPD, die mit den Linken und Grünen den Stadtstaat | |
regiert. Erst am Montagabend hat Partei- und Senatschef Michael Müller die | |
linke Bausenatorin Katrin Lompscher persönlich dafür abgewatscht. „Frau | |
Lompscher kümmert sich mehr um die Regulierung der Mieten als um den | |
Wohnungsneubau“, ärgerte sich Müller im Anschluss an die Sitzung des | |
SPD-Landesvorstands. Dort war das verheerende Wahlergebnis der Partei das | |
alles entscheidende Thema. Mit seiner Attacke auf die Linke verschaffte | |
sich Michael Müller auch etwas Luft. | |
Doch der Konflikt zwischen Rot und Rot schwelt schon länger, und die | |
Besetzung der Volksbühne (siehe Texte oben) sowie die vermittelnde Rolle | |
von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) machen ihn nicht kleiner. Letzterer | |
war es auch, der auf die Spitze von Müller gegen Lompscher auf seiner | |
Facebook-Seite reagierte. Vor dem Hintergrund des Wahlerfolgs der AfD | |
fragte Lederer: „Sollten Parteien links vom rechten Spektrum nicht eher | |
gemeinsam daran arbeiten, dass eine praktische Alternative sichtbar wird? | |
Ist das jetzt wirklich der Zeitpunkt für die SPD Berlin, ihr Hauptproblem | |
links zu verorten?“ | |
Wenn es eines Beispiels bedurft hätte, dass die Linke in Berlin neben ihrer | |
Regierungsarbeit immer wieder den Blinker auf Opposition setzt, hier ist | |
es. Denn die Alternative, die Berlin als Antwort auf die AfD geben könnte, | |
wäre ein funktionierendes rot-rot-grünes Bündnis. Wer freilich immer wieder | |
mit einem Bein außerhalb des Roten Rathauses steht, muss sich von den | |
Partnern zu Recht die Frage gefallen lassen: Regierung oder Opposition? | |
Die Linke wiederum hat gar keine Lust, diese Frage zu beantworten. Anders | |
als von 2002 bis 2011, als die den Kellner der SPD gab, gewinnt sie derzeit | |
dazu. Nicht mehr die SPD regiert die Linke klein, es verhält sich anders | |
herum. Ein schnelles Ende des Konflikts ist also nicht abzusehen. Oder, um | |
es mit einem Grünen zu sagen: „Die Linke ist derzeit die Partei, die am | |
wenigsten Angst vor Neuwahlen hat.“ | |
Ach ja, Bausenatorin Lompscher muss seit Sommer ihre Neubauzahlen dem Senat | |
vorlegen. Dass die Bürgerbeteiligung, die SPD, Linke und Grüne beschlossen | |
haben, das nicht einfach macht, hat die SPD wohl vergessen. Es herrscht | |
wieder Wahlkampf in Berlin. | |
26 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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