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# taz.de -- Debatte Nordkoreas Atomwaffentests: Wie Kim lernte, die Bombe zu li…
> Der Aufstieg Nordkoreas zur Atommacht ist nicht mehr zu stoppen. Die Welt
> muss sich damit arrangieren – und ernsthaft verhandeln.
Bild: Kim Jong Un bei einer Feier zu Ehren der Wissenschaftler, die ihm seine B…
Wie ein Bub, der gerade beim Computerspielen einen Treffer gelandet hat,
hüpft Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un vor Freude auf und ab. Anfang des
Monats war das. Seinem Regime war der sechste und bislang stärkste
Nukleartest gelungen. Die Sprengkraft wird auf 160 Kilotonnen geschätzt,
zehnmal so viel wie die US-Atombombe über Hiroshima. Umringt ist Kim von
einer Gruppe älterer Herren mit Brillen, allesamt in dunklen Anzügen. Auch
sie berauschen sich an der gewaltigen Explosion, die sie auf Bildschirmen
mitverfolgen.
Diese Szene wird in diesen Tagen im nordkoreanischen Staatsfernsehen
laufend wiederholt. Beim diesjährigen Nationalfeiertag am vergangenen
Wochenende ließ Diktator Kim auch nicht wie im Jahr zuvor eine weitere
Rakete ins All schießen. Er widmete den Tag den Wissenschaftlern und
Technikern, die diese Tests ermöglicht haben. Als „Glücksfall für die
nationale Geschichte“ bezeichnete Kim sie.
Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen hat auf seiner letzten
Sitzung am Montag in New York eine weitere Verschärfung der Sanktionen
beschlossen – die bereits siebte seit 2006. Die nun einstimmig beschlossene
Resolution sieht vor, dass zu den bereits bestehenden Sanktionen ab sofort
auch nordkoreanische Textilausfuhren verboten sind. Es dürfen keine
Verträge mehr mit im Ausland arbeitenden Nordkoreanern geschlossen werden.
Beides waren zuletzt wichtige Einnahmequellen für das bereits völlig
verarmte Land. Zudem sollen die Öllieferungen an Nordkorea gedrosselt
werden.
Ein Totalembargo, wie es die USA forderten, wussten China und Russland zu
verhindern. Vor allem die chinesische Führung befürchtet, dass ein
Zusammenbruch des Landes eine humanitäre Katastrophe auslösen könnte – und
eine Flüchtlingswelle nach China. Doch auch ohne Totalembargo handelt es
sich den Worten der Vereinten Nationen zufolge um die „strikteste gezielte
Sanktionspolitik“, die je gegen ein Land verhängt wurde.
## Wieso nicht einmarschieren?
Die Protestnote aus Pjöngjang ließ nicht lange auf sich warten. Die USA
hätten „mit bösartigen Mitteln“ den Sanktionsbeschluss eingefädelt, um d…
Untergang Nordkoreas zu betreiben. Dafür würden sie einen „angemessenen
Preis“ zahlen, drohte Nordkoreas UN-Botschafter Han Tae Song. Sein Land
kündigte weitere Atomtests an. Ende Juli hatte US-Präsident Donald Trump
gedroht, Nordkorea mit „Feuer und Wut“ bekämpfen zu wollen, wie sie die
Welt noch nicht gesehen hätten – und sich damit zu einer Wortwahl hinreißen
lassen, die sich von der nordkoreanischen Propaganda kaum mehr
unterscheidet.
Kim hat auch das nicht beeindruckt. Im Gegenteil: Mit dem jüngsten
Nukleartest sieht er sich kurz vor dem Ziel. Seine Freude ist berechtigt.
Denn die Wahrheit ist: Viele Möglichkeiten zur Eindämmung der
Nordkorea-Krise hat die Weltgemeinschaft gar nicht mehr.
Manch einer dürfte sich gefragt haben: Wieso nicht in einer Blitzaktion in
Nordkorea einmarschieren, Diktator Kim in der Hauptstadt aufspüren und den
stetig anschwellenden Atomkonflikt schlagartig beenden? Ein Gedanke, den
auch Trump schon hegte. Doch die CIA hat ihn längst eines Besseren belehrt:
Kim und seine Schergen haben im Laufe der Jahre ein so ausgeklüngeltes
Machtsystem entwickelt, dass eine Festnahme nicht möglich wäre, ohne dass
das Regime bis dahin längst zum Gegenschlag ausgeholt hätte.
Tatsächlich hätte jeglicher militärische Angriff auf Nordkorea verheerende
Folgen. Südkoreas Hauptstadt Seoul mit ihren über 20 Millionen Einwohnern
ist inzwischen ein globalwirtschaftliches Kraftzentrum. Auch ohne den
Einsatz von Nuklearwaffen könnte Nordkorea die Region binnen weniger
Minuten in Schutt und Asche legen und tatsächlich „in ein Flammenmeer
verwandeln“, wie es Kim ausdrückt. Tokio liegt für Pjöngjang ebenfalls in
Reichweite. Ein nordkoreanischer Angriff auf Japan, die drittgrößte
Volkswirtschaft der Welt, hätte Konsequenzen, die für die Welt nicht mehr
kalkulierbar sind.
## Verhandlung sichert Frieden
Auch auf China ist nicht mehr zu setzen. Es hat lange gedauert, bis sich
die Führung in Peking dazu durchringen konnte, sich gegen den einstigen
Bruderstaat und dessen Atomwaffenprogramm zu stellen. Dass Peking nun
endlich aufwacht und verschärften Sanktionen zugestimmt hat, ist zwar eine
positive Entwicklung. Doch sie kommt zu spät. China hat überhaupt keinen
Einfluss mehr auf das Regime in Pjöngjang – geschweige denn eine Strategie.
Die bisherigen Sanktionen konnten das Kim-Regime nicht bändigen. Und das
werden auch die nun beschlossenen Verschärfungen nicht tun. Was die
Drosselung der Öllieferungen betrifft, hat das Militär längst Vorräte
angelegt, sein Atomwaffenprogramm kann es unbeirrt fortführen. Sehr viel
härter treffen die Sanktionen die Menschen. Sie brauchen Öl für die
Landwirtschaft. Nach wenigen Wochen Lieferstopp dürfte sich ihr Leben so
sehr verschlimmert haben, dass sie in ihrer Verzweiflung eher den
Anweisungen der Führung folgen, als gegen sie aufzubegehren.
Als einzige Option bleiben Verhandlungen. Washington sollte sich dringend
dazu durchringen, hochrangige Diplomaten nach Pjöngjang zu schicken, die
über die Aufhebung der Sanktionen verhandeln und mit dem Regime konkret
über wirtschaftliche Zusammenarbeit reden. So sehr Kim das zunächst einmal
propagandistisch als Sieg ausschlachten wird: Letztlich ist es das, was er
für sein Land will: den Machterhalt, aber auch etwas mehr Wohlstand.
Verhandlungen würden die Aggressionen mildern und damit auch den Konflikt.
Nur das sichert den Frieden.
Eines steht allerdings auch bei dieser Option fest: Auf eine
Denuklearisierung wird sich Pjöngjang auf keinen Fall mehr einlassen.
Einmal erworben, lässt sich kein Regime eine so mächtige Waffe wie die
Atombombe nehmen.
Das ist schwer auszuhalten: Eine völlig isolierte Diktatur von der
Wirtschaftsstärke einer deutschen Kleinstadt – und doch bleibt der Welt
nichts anderes übrig, als ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Nordkorea ist
Atommacht – und wird es bleiben.
17 Sep 2017
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
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