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# taz.de -- Die Wahrheit: Schwiegermutter-Sekt
> Schon in der Frühzeit der Reklame war Negativwerbung ganz heißer Scheiß –
> und ging regelmäßig voll in die Hose.
„Auch schlechte Werbung ist gute Werbung“: so wirbt der Werber noch heute
für die stets umstrittene Negativwerbung. Zur alten Frage „Wie positiv ist
Negativwerbung?“ blättern wir doch einmal im Kaiserlichen
Waarenzeichenblatt von 1897. Als es damals noch richtige „Waaren“ gab, gab
es auch noch richtige Negativwerbung. Und wie erfolgreich diese Waren
waren, konnte man im Waarenzeichenblatt ablesen, denn dort wurden sie
registriert und wieder gelöscht, wenn die Geschäftsidee gescheitert war.
Schnell gescheitert war der Likör, der „Einen zum Abgewöhnen“ hieß, er
wurde schon nach einem Jahr Entwöhnungszeit hastig gelöscht. Das
„Narren-Bier“ hielt sich immerhin zehn Jahre, genau wie der Likör mit dem
drastischen Namen „Rattenschwanz“.
Nicht besser ging es dem „Deutschen Schwiegermutter-Sekt“, der sich
seltsamerweise auch nicht durchsetzen konnte. „Kronjuwelen-Oefen“ bewiesen
dann, dass Namen unter der Gürtellinie nicht ankommen, besonders bei
Schwiegersöhnen – Waarenzeichen gelöscht!
## Schneller als die Polizei erlaubte
Die Aalener „Union-Wichse“ hätte sich heutzutage möglicherweise besser
verkauft, aber dazu musste die Union erst noch gegründet werden. Dass ein
Likör, der mit „Blindschleiche“ etikettiert war, auf Skepsis stoßen würd…
war vorherzusehen. Nach zehn Jahren wurde er tränenblind gelöscht aus dem
Warenverzeichnis. Auch die beliebten „Flottweg“-Fahrräder waren flott weg,
vermutlich schneller als die Polizei erlaubte.
Negativwerbungen, die teuflisch scheiterten, waren der „Fra
Diavolo-Schaumwein“ und erst recht die „500.000 Teufel“ genannten
Schaumweinetiketten des gleichnamigen Unternehmens. Auch ein Magenlikör mit
dem gewagten Namen „Flüssige Luft“ stieß den Konsumenten übel auf. Einen
Kornspiritus frech „Heilsarmee“ zu nennen, war damals offenbar noch
möglich, ihn auch zu verkaufen offenbar nicht, der provokante Korn ging
1907 in den Trinkerhimmel ein.
Ähnlich erging es dem Königsberger „Höllentrank“. Gut, dass der
„Türkenblut“-Wein aus der Fidicinstraße in Berlin schnell ausgeblutet war,
das hätte unsere gespannten Beziehungen zur Türkei heute noch zusätzlich
belastet
## Selbstkritik der Tabakindustrie
Die Tabakwerbung fiel damals durch frappierende Selbstkritik auf,
„Waidmanns Ruh“ verwies deutlicher auf Rauchrisiken als alle Schockbilder
der Gegenwart zusammen. Unvergessen auch die Zigarettenmarke „Problem“ –
unverblümter kann man auf etwaige Risiken nicht hinweisen!
Aus dem gleichen Haus kamen die Zigarettensorten „Moslem“ und die erste
Genderzigarette „Trans“, der damalige Besitzer Szlama Rochman wusste
jedenfalls zu polarisieren, trotzdem musste er in der Weltwirtschaftskrise
sein Unternehmen verkaufen.
Unsere heutige Werbung nimmt sich gegen die damaligen Beispiele recht
harmlos aus. Überzeugen konnte noch die Germania-Bierwerbung aus den
fünfziger Jahren: „Germania-Bier, ein Grund zum Trinken“! Wenn heutzutage
„Belvedere Vodka“ mit der Zeile „100 kilometers sw of Warsaw, the dirt is
perfekt for growing vodka“ wirbt, muss man sich schon verdutzt den Schmutz
aus den Augen reiben.
## Französisch gelöscht
Da werben die Dieselschmutzfinken von VW doch diskreter für ihren VW Golf:
„The power of understatement“. Und wenn man bei der Werbung von
Strauss-Innovation von einem Leuchtturm „Plage“ lesen kann, so war das
keine Negativwerbung, sondern französisch. Strauss-Innovation wurde
anschließend auch gelöscht.
Die Palme der besten Understatementwerbung soll übrigens der
Nagut-Hundefutterwerbung gehören. Nagut ist derzeit leider nicht verfügbar
bei Amazon. Na gut, dann gibt es heute eben Brekkies …
12 Sep 2017
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Werbung
Deutsche Geschichte
Wirtschaft
Comic
Ivanka Trump
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Muskeln
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Hirnforschung
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