| # taz.de -- Gesundheit in Uganda: Neue Hoffnung für Krebskranke | |
| > Fast anderthalb Jahre lang blieben zehntausende Patienten unbehandelt. | |
| > Jetzt wird Ostafrikas wichtigstes Krebsinstitut wieder arbeitsfähig. | |
| Bild: Hier ist auch Platz für Kinder: das Krebsinstitut in Kampala, Uganda, im… | |
| Kampala taz | Die Treppenstufen sind frisch gebohnert, das | |
| Notaufnahmeschild hell erleuchtet. Es zeigt zu einem Seiteneingang des | |
| Neubaus von Ugandas Krebsinstitut. Das moderne, vierstöckige Gebäude wurde | |
| vergangene Woche auf dem großen Gelände des Mulago-Krankenhauses in Ugandas | |
| Hauptstadt Kampala eingeweiht. | |
| Hinter dem Neubau hebt ein Bagger eine Grube aus: Gewaltige Stahlträger | |
| werden mit meterdickem Beton ausgeschüttet. Hier entsteht ein neuer | |
| strahlensicherer Bunker. In Uganda, wo neben Einheimischen auch Kongolesen, | |
| Ruander, Burundier und Südsudanesen zur Krebsbehandlung hingehen, kann nun | |
| bald wieder mit Strahlentherapie gegen Tumore vorgegangen werden. | |
| Ugandas einziges Bestrahlungsgerät war im April 2016 kaputtgegangen. Die | |
| Lizenz war schon vorher abgelaufen. Das Gesundheitsministerium hatte | |
| eigentlich die Anschaffung von vier moderneren Geräten geplant, sobald das | |
| neue Gebäude und der neue Bunker fertig werden. Dass die alte Maschine | |
| vorher ausfiel, war „unglücklich“, so Doktor Jackson Orem, Direktor des | |
| Krebsinstituts. „Die Sache musste beschleunigt werden, doch es fehlte erst | |
| einmal das Geld“, erklärt er. | |
| Das Gesundheitsministerium musste umdisponieren, internationale Geber boten | |
| finanzielle Hilfe an. Doch ein Gerät, das mit radioaktiver Strahlung | |
| funktioniert, ist nicht leicht zu beschaffen. Die Internationale | |
| Atomenergie-Organisation muss den Bunker vorher prüfen und eine | |
| Transportgenehmigung erteilen. Das dauerte. Auch Mängel am Bunker mussten | |
| ausgebessert werden. | |
| „Ich bin froh, mitteilen zu können, dass die neue Maschine jetzt da ist und | |
| wir dabei sind, sie aufzubauen“, so Orem diese Woche gegenüber der taz. In | |
| ein paar Wochen soll die erste von vier neu bestellten Cobalt-60-Maschinen | |
| einsatzbereit sein, in einem alten, aber immerhin renovierten Bunker. | |
| ## Finanziell unabhängig | |
| „Zumindest hat uns der Zusammenbruch der Maschine geholfen, unser System | |
| langfristig komplett zu reorganisieren“, sagt Direktor Orem zufrieden, wenn | |
| auch erschöpft. Innerhalb eines Jahres hat er lang ausstehende Reformen | |
| bewältigt: Ostafrikas führendes Krebsinstitut wurde finanziell unabhängig. | |
| Orem kann nun über sein Budget selbstständig bestimmen. Das neue Gebäude | |
| entspricht internationalen Standards. Pünktlich zur 50-Jahr-Feier des | |
| Instituts konnte er es einweihen. Dazu hat er Partner aus aller Welt zu | |
| einer Krebskonferenz nach Kampala eingeladen. | |
| Nun sucht Orem nach Geld, um der „vernachlässigten Seuche“, wie er es | |
| nennt, den Kampf anzusagen. „Die internationalen Geber spenden viel Geld | |
| für den Kampf gegen HIV/AIDS, Malaria, Tuberkulose oder andere | |
| Tropeninfektionen. Doch Krebs ist und bleibt in Uganda eine der tödlichsten | |
| Krankheiten überhaupt.“ 85 Prozent der Patienten sterben innerhalb eines | |
| Jahres nach der Diagnose. Würden Diagnosen und Behandlung schon einsetzen, | |
| wenn der Tumor noch nicht weit fortgeschritten ist, ließe sich die | |
| Todesrate extrem senken – vor allem bei Kindern. | |
| Die Kinderklinik liegt im dritten Stock des Krebskrankenhauses. 40 rosa | |
| Kinderbetten mit bunter Bettwäsche stehen da, fast alle belegt. Ein | |
| abgemagerter kleiner Junge saust vergnügt quiekend mit einem Bobbycar durch | |
| den Korridor, zieht den Ständer mit dem Infusionsbeutel hinter sich her, | |
| dessen Nadel in seinem Unterarm klemmt. Oberschwester Lucy Mulyagonja | |
| lächelt ihm zu und wendet sich seiner Mutter zu, die erschöpft unter dem | |
| Kinderbett auf einer Bastmatte döst: „Je mehr Betten wir haben, desto mehr | |
| Kinder kommen“, seufzt die Oberschwester. | |
| Platz für die Eltern gibt es in der Station nicht. Oft kampieren Angehörige | |
| wochen-, gar monatelang auf den Fluren und in den Wartesälen, um sich um | |
| die Patienten zu kümmern und Essen zu besorgen. Um die teure Therapie und | |
| den stationären Aufenthalt eines einzigen Angehörigen zu finanzieren, muss | |
| oft die ganze Großfamilie zusammenlegen. Immerhin: Die Medikamente sind | |
| kostenlos. | |
| Anders als in Europa oder den USA seien die meisten Krebsarten ausgelöst | |
| durch Virusinfektionen und nicht durch ungesunden Lebensstil, sagt Orem. Es | |
| trifft vor allem die Armen: „Viren verbreiten sich in den Slums sehr rasch, | |
| die Menschen gehen selten zum Arzt, weil sie sich die Tests nicht leisten | |
| können. Und bei einer eventuellen Diagnose ist es dann meist zu spät.“ | |
| 30 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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