| # taz.de -- Doku „Kedi – Von Katzen und Menschen“: Auf Katzen-Augenhöhe | |
| > Regisseurin Ceyda Torun widmet sich in „Kedi“ den Straßenkatzen Istanbuls | |
| > – und stellt dabei das Konzept „Haustier“ infrage. | |
| Bild: Treffen sich zwei | |
| „Katzen suchen sich ihre Besitzer aus“, heißt es ja manchmal, was zumindest | |
| in Deutschland, wo diese meist in der Tierhandlung gekauft oder im Tierheim | |
| ausgesucht werden, eher unwahrscheinlich ist. In Istanbul jedoch mag man an | |
| den Wahrheitsgehalt dieses Satzes glauben, denn am Bosporus leben Mensch | |
| und Tier meist in einem symbiotischen Verhältnis zusammen, das natürlicher | |
| wirkt als das Besitzen von Katzen in der westlichen Welt. | |
| Wer jemals in Istanbul unterwegs war, wird gemerkt haben, dass die | |
| Hafenstadt nicht nur dicht besiedelt ist, sondern auch voll von Katzen, von | |
| Straßenkatzen genauer gesagt, die über Plätze und Märkte streifen, stets | |
| auf der Suche nach etwas Essbarem, das es dank der Lage am Meer ohnehin | |
| reichlich gibt, dank des besonderen Verhältnisses der Istanbuler zu den | |
| Katzen aber erst recht. | |
| Und genau davon erzählt Ceyda Torun in ihrem Film „Kedi – Von Katzen und | |
| Menschen“, der bisweilen wie ein impressionistisches Porträt der Katzen | |
| Istanbuls anmutet. Schwerelos folgt die Kamera den Bewegungen der Katzen, | |
| stets in (Katzen)-Augenhöhe hinter ihnen her filmend, wie sie durch die | |
| Beine der Stühle und Menschen in Straßencafés schleichen, auf den vielen | |
| Märkten auf einen herunterfallenden Bissen hoffen oder auf einem | |
| Ausguckplatz sphinxgleich das Geschehen beobachten. Doch da Katzen bei | |
| allen Fähigkeiten doch nicht sprechen können, verschiebt sich Toruns Fokus | |
| bald auf die Menschen, die Bewohner Istanbuls, die Teilzeitherrchen und | |
| -frauchen der Katzen. | |
| Restaurant- oder Geschäftsbesitzer erzählen davon, wie ihnen eine Katze | |
| zugelaufen ist, erst gelegentlich, dann immer häufiger aufgetaucht ist, | |
| sich einen Platz gesucht hat, mal etwas zu essen oder einen Napf Wasser | |
| hingestellt bekam und so bald zu einer festen Größe wurde. Mal als | |
| Rattenfänger gern gesehen, mal als schnurrendes Beruhigungsmittel, aber | |
| stets mit eigenem Willen, nur zu Gast, als quasi gleichberechtigter Teil | |
| einer Beziehung und nicht als Besitz, so wie in unseren Breiten. | |
| ## Menschlich, allzu menschlich | |
| Wie die Menschen über ihr Verhältnis zu den Katzen berichten, ist auf Dauer | |
| zwar etwas eintönig, auch nicht frei von anthropomorphischen Projektionen, | |
| die den Vierbeinern dann doch etwas allzu menschliche Eigenschaften und | |
| Gemütsregungen zusprechen. Und doch hat das spezielle Verhältnis der | |
| Istanbuler Menschen und Katzen etwas für sich, wirkt um einiges natürlicher | |
| als die Art und Weise, wie auch in Deutschland Haustiere gehalten werden. | |
| Gerade in einer Zeit, in der immer mehr Menschen zu einem vegetarischen | |
| Lebensstil tendieren, die Exzesse der Massentierhaltung immer öfter in | |
| Frage gestellt werden, mag es an der Zeit sein, auch das oft merkwürdig | |
| anmutende Verhältnis zwischen Mensch und Haustier grundsätzlich in Frage zu | |
| stellen. In manchen Ländern haben Tiere schon den Status gleichberechtigter | |
| Wesen, auch in Deutschland ist seit 2002 das Ziel Tierschutz im Grundgesetz | |
| verankert. Sollte dies nicht konsequenterweise auch darauf abzielen, die | |
| Absurdität von Haustierhaltung, gerade in der Großstadt, zu hinterfragen? | |
| Eingesperrt in vier Wänden zu leben widerspricht dem Freiheitsdrang, der | |
| Unabhängigkeit, gerade von Katzen, ja nun eindeutig. Ein so entspanntes, | |
| oft symbiotisches Miteinanderleben, wie es die Istanbuler zu ihren Katzen | |
| pflegen, dürfte in Deutschland, gerade in den Großstädten, kaum umzusetzen | |
| sein, aber als Vorbild für ein anderes, nicht zuletzt viel natürlicheres | |
| Verhältnis von Menschen und Tieren ist es eine sehr attraktive Alternative. | |
| 9 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Meyns | |
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