# taz.de -- Anschlag in Afghanistan: IS überfällt irakische Botschaft | |
> Ein lokaler Ableger des Islamischen Staates (IS) verlegt sich nach | |
> Niederlagen in den Bergen auf Terrorismus in den Städten. | |
Bild: Nach dem Anschlag sicherte das Militär die irakische Botschaft in Kabul … | |
KABUL taz | Mehrere Bewaffnete haben am Montagmorgen die irakische | |
Botschaft in der afghanischen Hauptstadt angegriffen und zeitweilig | |
besetzt. Zunächst sprengten sie sich mit einer Autobombe den Weg in das | |
Gebäude im Westkabuler Stadtteil Kolola Puschta frei. Am Nachmittag | |
beendeten afghanische Spezialkräfte die Besetzung. Die drei verbliebenen | |
Angreifer seien erschossen worden. | |
Laut Sicherheitskreisen in Kabul hatten sie sich in einem oberen Stockwerk | |
verschanzt. Bisher gibt es Berichte von zwei Verletzten, einem afghanischen | |
Polizisten und dem Reporter einer iranischen Nachrichtenagentur. Die | |
Botschaftsmitarbeiter seien unverletzt evakuiert worden. Bei der Stärke der | |
Autobombe muss allerdings mit mehr Opfern gerechnet werden. | |
Die Führung des sogenannten Islamischen Staates (IS) übernahm über ihren | |
Nachrichtenkanal Amaq die Verantwortung für den Angriff. Allerdings ist in | |
dem nur zwei Zeilen langen Statement – auf Paschto, um die afghanische | |
Herkunft zu belegen – nur von zwei Angreifern die Rede. | |
## USA wollen die Gruppe vernichten | |
Das spricht eher dagegen, dass die IS-Zentrale und ihr | |
afghanisch-pakistanischer Ablegers, der sich Islamischer | |
Staat-Khorasan-Provinz (ISKP) nennt, genaue Kenntnis von dem Angriff | |
hatten. ISKP verfügt in Kabul über autonom agierende Terrorzellen. Der | |
Angriff folgt zwei Wochen, nachdem Iraks Botschafter in Kabul eine | |
Pressekonferenz zur Rückeroberung von Mossul abgehalten hatte. | |
Kolola Puschta liegt außerhalb des sogenannten Botschaftsviertels, wo sich | |
auch die am 31. Mai zerstörte deutsche Vertretung befindet, und wird von | |
Geschäften und Wohngebieten dominiert. Die irakische Botschaft liegt dort | |
in einer wenig bewachten Seitenstraße. | |
## Salafisten mit Kampferfahrung aus Irak | |
ISKP war in seiner Hochburg, der ostafghanischen Provinz Nangrahar, zuletzt | |
erheblich unter Druck geraten. Die US-Militärführung hatte angekündigt, die | |
Gruppe bis Ende 2017 vernichten zu wollen. Mitte April warfen US-Truppen | |
eine als „Mutter aller Bomben“ bezeichneten Supersprengsatz auf einen | |
Höhlenkomplex im Distrikt Atschin ab, in dem sich ISKP-Kämpfer verschanzt | |
haben sollten, allerdings ohne große Wirkung. | |
Vor etwa drei Wochen wurde US-Angaben zufolge bei einem Luftschlag in | |
Nangrahars Nachbarprovinz Kunar, deren Wälder ISKP und bewaffnete Gruppen | |
als Rückzugsort nutzen, ISKP-Chef Abu Saeed getötet. Am Sonntag hieß es, | |
dass dabei noch vier weitere ISKP-Führer ums Leben gekommen sein sollen. | |
Abu Saeed hatte erst im Mai die Nachfolge seines Vorgängers Scheich Abdul | |
Hasib angetreten. | |
Im Juni zeigte ISKP, dass die Gruppe trotz Verlusten zu Gegenschlägen in | |
der Lage war. Damals eroberte sie große Teile des Höhlenkomplexes und | |
früheren Bin-Laden-Stützpunktes Tora Bora, ebenfalls in Nangrahar, von den | |
afghanischen Taliban. Beide Gruppen betrachten sich als Konkurrenz und | |
liefern sich immer wieder schwere Kämpfe. | |
Sowohl Hasib als auch Abu Saeed waren Pakistaner. Sie gehörten dem 1997 | |
gegründeten pakistanischen Taliban-Dachverband TTP an, der über | |
Rückzugsbasen in Afghanistan verfügt. Diese Verbindung erklärt auch, warum | |
der relativ neue ISKP es so schnell geschafft hat, eine Logistik | |
aufzubauen, um Schläge wie den gegen die irakische Botschaft in Kabul zu | |
führen: Die Gruppe kann sich auf die seit Jahren etablierten Strukturen der | |
TTP-Überläufer stützen. Zudem ist es möglich, dass Mitglieder der kleinen | |
salafistischen Szene Afghanistans, die sich dem IS angeschlossen hatten, | |
mit Kampferfahrung aus Irak zurückgekehrt sind. | |
31 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
Borhan Osman | |
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