| # taz.de -- Neuer Abrechnungsmodus könnte helfen: Senat sucht Hebammen | |
| > Als im Juni die letzten drei Bremer Beleghebammen aus finanziellen | |
| > Gründen ihre Arbeit niederlegten, sagte der Senat, er könne nichts tun. | |
| > Jetzt fällt ihm etwas ein. | |
| Bild: Beleghebammen betreuen Frauen vor, während und nach der Geburt | |
| Bremen taz | Drei Monate nachdem die letzten drei Bremer Beleghebammen ihre | |
| Arbeit niedergelegt haben, präsentiert der Senat eine Lösung für deren | |
| Weiterbeschäftigung. Das Klinikum Bremen Nord – eine von zwei Kliniken, an | |
| denen Beleggeburten möglich waren – soll in Zukunft anders mit den | |
| Krankenkassen abrechnen, erfahren die Mitglieder der Gesundheitsdeputation | |
| in deren Sitzung am heutigen Dienstag. | |
| Auf diese Weise könnten die freiberuflich in der Geburtshilfe tätigen | |
| Hebammen auch in Bremen in den Genuss des Sicherstellungszuschlags der | |
| gesetzlichen Krankenkassen kommen, erklärte am Montag Rolf Schlüter, | |
| Sprecher des städtischen Klinikbetreibers Gesundheit Nord. Der Zuschlag war | |
| vor drei Jahren auf Bundesebene eingeführt worden, um die stetig steigenden | |
| Versicherungskosten gegen von Hebammen verursachte Geburtsschäden | |
| auszugleichen. Diese liegen derzeit bei jährlich 7.639 Euro pro | |
| Versicherter. | |
| Die Bremer Beleghebammen hatten den Zuschlag bisher nicht beantragen | |
| können, weil das Klinikum Bremen Nord Geburten mit der Kasse abgerechnet | |
| und den Hebammen ihren Anteil ausgezahlt hatte. Dadurch fehlte den Hebammen | |
| ein Nachweis für ihre Leistungen, die Kasse hätte doppelt abrechnen müssen. | |
| ## Die Lösung kommt zu spät | |
| Das soll sich nun ändern – aber es gibt keine Hebamme, die davon | |
| profitieren könnte. „Wir müssen abwarten, ob sich jemand findet“, sagt der | |
| Geno-Sprecher Rolf Schlüter. Und: „Wir hoffen es sehr.“ Denn die Erfahrung | |
| zeige, dass Geburten so nah wie möglich an den Wünschen einer Frau | |
| ausgerichtet werden sollten. „Manche Frauen wollen ihr Kind in der Klinik | |
| bekommen und trotzdem ihre Hebamme vor der Geburt kennenlernen.“ Für diese | |
| seien die Beleghebammen ideal. | |
| Skeptisch ist Heike Schiffling, Vorsitzende des Bremer Hebammenverbands. | |
| „Ich fürchte, das Belegsystem ist ein Auslaufmodell“, sagt sie. Denn | |
| Hebammen, die alleine oder in kleinen Teams in Kliniken im | |
| Eins-zu-Eins-Verhältnis Geburten begleiten, arbeiten viel und verdienen | |
| wenig – sogar im Vergleich mit Kolleginnen im Geburtshaus. „Da stimmt die | |
| Work-Life-Balance nicht mehr und die ist jungen Frauen wichtig“, sagt | |
| Schiffling. | |
| ## Minijob mit Dauerbereitschaft | |
| Aus demselben Grund fehlen auch freiberufliche Hebammen für die | |
| Wochenbettbetreuung. „Der Beruf lohnt sich erst ab 60 Wochenstunden“, sagt | |
| Schiffling. Oder als Minijob auf 450 Euro Basis, als Zubrot zum Verdienst | |
| des Ehemannes. „Diese Hebammen sind aber trotzdem in Dauerbereitschaft, | |
| auch am Wochenende.“ Eine Lösung könne die Bildung von Teams in | |
| Hebammenpraxen sein, die sich gegenseitig im Urlaub und bei Krankheit | |
| vertreten können, sagt Schiffling. | |
| Doch die Vergütung von Hebammenleistungen in der Vor- und Nachsorge gebe | |
| Ausgaben für Räume und Bürokräfte nicht her. In Stadtteilen, in denen | |
| besonders wenige Hebamme arbeiten wie in Huchting oder im Westen, wünscht | |
| sich Schiffling, dass die Stadt Bremen Räume zur Verfügung stellt. „Dieser | |
| Vorschlag ist bisher nicht vom Landeshebammenverband an die senatorische | |
| Dienststelle herangetragen worden“, schreibt dazu ein Sprecher von | |
| Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD). | |
| 28 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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