# taz.de -- Prozess gegen Thailands Ex-Premier: Die Rache paranoider Generäle | |
> 2014 wurde Premierministerin Yingluck Shinawatra vom Militär gestürzt. | |
> Nun steht sie in einem politisch motivierten Verfahren vor Gericht. | |
Bild: Politischer Prozess: Yingluck Shinawatra vor dem Gericht in Bangkok | |
BERLIN taz | Für Yingluck Shinawatra gab es kaum ein Durchkommen: Als | |
Thailands Expremierministerin am 1. August vor dem obersten Gerichtshof | |
erschien, um ihr Schlussplädoyer in dem gegen sie laufenden Verfahren | |
abzugeben, drängten sich tausend Anhänger vor dem Gebäude. „Love“ hatten | |
sich viele rot auf die Handflächen geschrieben, überreichten der einstigen | |
Regierungschefin Rosen und riefen: „Kämpfe, kämpfe!“ | |
Yingluck selbst bat darum, die Anklage fallen zu lassen: Sie sei | |
unschuldig, da es ihrer gestürzten Regierung nur darum gegangen sei, den | |
Reisbauern – ihrer Stammwählerschaft – zu helfen. Die Justiz hingegen wirft | |
ihr Pflichtverletzung in Zusammenhang mit einem staatlichen | |
Reis-Subventionsprogramm vor, bei dem Milliarden Dollar versickert sein | |
sollen. Das Urteil fällt an diesem Freitag. Bei einem Schuldspruch, der die | |
politischen Spannungen in Thailand vertiefen dürfte, drohen Yingluck eine | |
hohe Geldstrafe und bis zu zehn Jahre Haft. | |
Für Kritiker ist klar, dass der politisch motivierte Prozess Yingluck | |
endgültig aufs Abstellgleis schieben soll. Von einem Freispruch, der für | |
das Militärregime peinlich wäre, gehen die wenigsten aus. Ein fünfjähriges | |
Politikverbot im Zuge eines nachträglichen Amtsenthebungsverfahrens war | |
Yingluck schon im Januar 2015 durch das von der Junta eingesetzte Parlament | |
auferlegt worden. Damals sagte sie, sie habe doch gar kein Amt mehr, dessen | |
sie enthoben werden könne. | |
Sie verwies auf das Urteil des Verfassungsgerichts von kurz vor dem Putsch | |
im Mai 2014, durch das sie mit neun ihrer Kabinettsmitglieder wegen | |
angeblichen Machtmissbrauchs amtsenthoben worden war. Das Gericht hatte nur | |
eine Rest-Regierung im Amt belassen, die zwei Wochen später vom Militär | |
gestürzt wurde. Der damalige Armeechef Prayuth Chanocha ist heute | |
Premier. | |
Die gezielte Demontage des Shinawatra-Clans hat System: Seit dem Putsch | |
2006, durch den Yinglucks Bruder, der Milliardär Thaksin, als Premier | |
gestürzt wurde, haben die Militärs und das mit ihnen verbündete | |
ultrakonservative royalistische Establishment alles daran gesetzt, die | |
Thaksin-treuen Parteien, die seit 2001 alle Parlamentswahlen gewonnen | |
hatten, kaltzustellen. Zudem ging es darum, deren vor allem aus den ärmeren | |
Wählerschichten stammenden Anhänger zu entmündigen. | |
Zuletzt gipfelte Thailands Dauerkrise von Herbst 2013 bis Frühjahr 2014 in | |
den Demonstrationen der oppositionellen PDRC-Bewegung gegen die 2011 | |
demokratisch gewählte Yingluck und ihre Puea-Thai-Partei. Mit der PDRC | |
verbündet waren führende Generäle, die sich nach außen als Vermittler | |
gaben, aber hinter den Kulissen die Fäden zogen. | |
Seit dem Putsch 2014 gab es nur noch kleine Proteste. Dennoch gebärden sich | |
die Militärs, deren Herrschaft nur auf Angst und Unterdrückung basiert, | |
zunehmend paranoid. So kritisierte Yingluck, dass die Junta schon vor dem | |
Urteil damit begonnen habe, ihre Konten einzufrieren, um die ihr schon 2016 | |
auferlegte Geldstrafe von über einer Milliarde US-Dollar einzutreiben. | |
Das Regime lässt derzeit Straßen, Busse und Züge kontrollieren, um Anhänger | |
Yinglucks zu hindern, zur Urteilsverkündung nach Bangkok zu reisen. | |
Kleinbus-Betreibern, die ihre Unterstützer am 1. August in die Hauptstadt | |
brachten, wurden Geldstrafen oder Gefängnis angedroht. | |
24 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glaß | |
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