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# taz.de -- Investor in Prenzlauer Berg: Essen, wo die Tiere starben
> Nach über 25 Jahren soll die letzte Brache auf dem Gelände des Alten
> Schlachthofs verschwinden. Der Investor plant Restaurants und Büros.
Bild: Wenn es nach dem Investor geht kommen Restaurants in die denkmalgeschütz…
Orte wie die letzte Brache auf dem riesigen Areal des Alten Schlachthofs,
ein paar Meter entfernt vom S-Bahnhof Landsberger Allee gelegen, gibt es
nur noch wenige in Berlin. Hier stehen vier Backsteinbauten, die vor sich
hin rotten. Längst hat die Natur wieder das Sagen. Doch seit Kurzem widmen
sich Arbeiter dem Wildwuchs, errichten Baugerüste und schütten Erdberge
auf. Seit dem letzten Schwein, das 1991 sein Leben lassen musste, scheint
eine Nutzung des Geländes nun in Sicht.
Doch kein Kongresszentrum wie bisher ist hier geplant, stattdessen eine
„reine Büronutzung“. „Das war eine wirtschaftliche Entscheidung des
Investors“, sagt der zuständige Pankower Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne).
Die UBX 2 Objekt Berlin GmbH, die das Gelände vor neun Jahren für nur 2,4
Millionen Euro kaufte, hat die Stadt über ihre neuen Pläne informiert.
Deren Änderung vorausgegangen war monatelanger Protest einer
Bürgerinitiative.
Der Senat hatte mit dem Gelände einst größere Pläne: Für die
Olympiabewerbung 2000 sollten Gastronomie, Gewerbe und Einzelhandel das
verwaiste Viertel aufwerten. Auf einem Großteil des 50 Hektar, also rund 50
Fußballfelder großen Areals des ehemaligen Schlachthofes entstanden
Wohnungen, Hotels, Sportstätten, ein Park. Aus Olympia aber wurde nichts –
und die 3 Hektar große Brache mit den vier Hallen am Rande des Geländes
schien in Vergessenheit geraten zu sein.
Die Münchner Grund AG, ein Tochterunternehmen der UBX 2, betreibt bereits
das Andel’s Hotel direkt nebenan und wollte auf dem letzten freien Stück
des Alten Schlachthofes ursprünglich einen „attraktiven Einzelhandelsmix“
schaffen, mit neuem Kongresszentrum und direktem Brückenzugang zum Andel’s.
Das Bezirksamt stimmte den Bauanträgen zu – alles schien bereitet für ein
weiteres Center.
## Hoffnung auf Rückabwicklung
„Nichtnochncenter“ wollten allerdings die Anwohner des Geländes um Doreen
Bialas und Filip Stahl von der gleichnamigen Initiative. „Handel lohnt sich
hier an dieser Stelle nicht mehr“, sagte Stahl [1][schon im April 2017 der
taz]. Ein Jahr später ist der Investor offenbar zum gleichen Ergebnis
gekommen. Die Backsteingebäude werden nach Vorgaben der
Denkmalschutzbehörde saniert, Restaurants und Geschäfte sollen geselliges
Treiben auf das Gelände bringen. Auf der unbebauten Fläche sollen
Bürogebäude mit Tiefgarage entstehen.
Der Wunsch vieler Anwohner, ein offenes Kulturgelände für Handwerk,
Gastronomie und soziale Projekte zu errichten, rückt damit trotzdem in
weite Ferne. Doch geschlagen geben will sich die Initiative nicht. Die
Hoffnung liegt dabei auf einer möglichen Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Die besteht, falls der Besitzer trotz Baugenehmigung nicht rechtzeitig mit
maßgeblichen Baumaßnahmen beginnt. Die Frist dafür läuft im November ab.
Wie schnell die Bauarbeiten auf dem Alten Schlachthof aber wirklich
losgehen, lässt sich nicht absehen. Auf der unbebauten Fläche werden bisher
nur bauvorbereitende Maßnahmen betrieben. Für das Bürogebäude muss erst mal
ein neuer Bauantrag gestellt werden. Die bisherigen Genehmigungen bezögen
sich auf die alten Pläne, so Kuhn. Ein Aushang auf dem Gelände bemisst den
Zeitrahmen für den Bau von „Mai 2017 bis September 2021“.
## Wann geht es wirklich los?
Eine Stellungnahme von der UBX 2 zu erhalten, gestaltet sich dabei als
schwierig. Eine Internetseite hat das Unternehmen nicht. Über die Firma
Intertec, welche für die Projektsteuerung des Geländes verantwortlich ist,
erhält man zwar eine Telefonnummer. Die führt aber zu einer
Bürogemeinschaft: Zumindest in der Zentrale kennt man die UBX 2 nicht. Die
Mail der taz werde weitergeleitet, versichert man. Bis Redaktionsschluss
gab es keine Reaktion.
Filip Stahl jedenfalls glaubt erst an die Bürogebäude, „wenn die anfangen,
die Tiefgarage zu betonieren“. Für ihn ist es nicht ausgeschlossen, dass
der Fall irgendwann vor Gericht lande. „Für die Stadt wäre es ein Geschenk,
das Gelände für 2,4 Millionen zurückzukaufen“, sagt er. Bis dahin lässt
sich für jeden sehen, was auf dem Gelände des Alten Schlachthofs passiert.
Zumindest drumherum bewegen die alten Gemäuer noch eine Menge.
30 Jul 2017
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## AUTOREN
Robin Köhler
## TAGS
Stadtplanung
Berlin Prenzlauer Berg
Schlachthof
Kulturzentrum
Olympia 1936
Bundestag
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