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# taz.de -- Kitesurfen im Watt: Der Konflikt weht weiter
> Das durch ein Landesgesetz geregelte Kitesurf-Verbot im niedersächsischen
> Nationalpark Wattenmeer bleibt mit einzelnen Ausnahmen vorerst bestehen.
> Die Kläger verweisen auf ein Bundesgesetz und wollen nun in Berufung
> gehen
Bild: Wollen möglichst überall dürfen: Kitesurfer, hier vor St. Peter-Ording…
Hamburg taz | Die Nationalparkverwaltung des niedersächsischen Wattenmeers
atmet zufrieden auf. „Wir sind froh, dass unsere Verwaltungspraxis und
unsere Rechtsauffassung bestätigt wurden“, sagt deren Verwaltungsjurist
Normann Grabow. Drei Kitesurfer hatten beim Verwaltungsgericht Oldenburg
gegen das generelle Drachensportverbot im Nationalpark geklagt. Ihre Klage
wurde nun abgewiesen. Befriedet ist die Küste damit allerdings noch lange
nicht.
Anlass zur Klage war, dass das niedersächsische Nationalparkgesetz das
Kitesurfen an den Küstenflächen, die Teil des Nationalparks sind,
grundsätzlich verbietet. Aus Sicht der Kitesurfer dürfe das Land aber gar
nicht darüber bestimmen. „Das Land darf nicht regeln, was auf dem Wasser
passiert, weil das eine Bundeszuständigkeit ist“, sagt Sönke Börnsen,
Rechtsanwalt der klagenden Kitesurfer.
Aus deren Sicht fällt das Kitesurfen, wie das Windsurfen und Segeln, unter
das Bundeswasserstraßengesetz (siehe Kasten). „Wir halten das Landesgesetz
aus kompetenzrechtlichen Gründen für verfassungswidrig“, sagt Börnsen. Das
Verwaltungsgericht wollte dieser Argumentation allerdings nicht folgen.
Börnsen will nun vor das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ziehen.
## Verbot mit 17 Ausnahmen
Gegenwärtig gibt es in Niedersachsen an 17 Orten Ausnahmen des
grundsätzlichen Kiteverbots. „Alle Küstengemeinden können bei uns einen
Antrag stellen, wenn sie etwa aus touristischen Gründen das Kitesurfen bei
sich erlauben möchten. Wenn wir bei der Prüfung keine Belastung für die
Natur feststellen, geben wir Flächen zum Kitesurfen frei“, sagt Grabow.
Zudem gebe es außerhalb des Nationalparks kein Verbot zum Kitesurfen.
Aus Sicht der Kläger sind diese Ausnahmen allerdings eher Gnadenakte, die
zudem zu gefährlichen Unfällen führen können. „Uns geht es hier nicht
darum, dass uns der Naturschutz egal ist und wir nur unseren Spaß haben
wollen“, sagt Börnsen. Denn wenn genehmigte Flächen zu klein oder nur
einige Monate im Jahr befahrbar sind, werde es für die vielen Kiter einfach
zu eng.
Auch hätten die KitesurferInnen gern langfristig Sicherheit darüber, wo sie
fahren dürfen. Das lehnt die Nationalparkverwaltung aber ab. Die
freigegebenen Kiteflächen stehen immer für fünf Jahre zur Verfügung. „Das
Wattenmeer ist ein hochdynamischer Lebensraum, da müssen wir auf
Veränderungen reagieren können“, sagt Grabow.
## Kiel setzt auf Konsens
In Schleswig-Holstein, im dortigen Nationalpark Wattenmeer, gibt es bisher
kein grundsätzliches gesetzliches Verbot des Kitesurfens. Dort wurde
voriges Jahr mit allen Beteiligten ein Kompromiss ausgehandelt, wo gekitet
werden darf. Aus Sicht von Börnsen könne nicht wirklich von einem
Kompromiss gesprochen werden. „Da hat das Umweltministerium unter Robert
Habeck seine Linie durchgezogen“, sagt Börnsen.
Die KitesurferInnen sehen sich zudem in ihrer Sichtweise bestätigt, da
sowohl Niedersachsen als auch Hamburg und Schleswig-Holstein das
Bundesverkehrsministerium aufgefordert haben, die Befahrensverordnung in
den drei Nationalparks zu ändern. „Das zeigt, dass es eben doch nicht Sache
der Länder, sondern des Bundes ist“, sagt Börnsen. Die niedersächsische
Nationalparkverwaltung sieht das jedoch anders: „Die Befahrensverordnung
wurde letztmals 1992 verändert, da müssen Dinge vereinheitlicht werden“,
sagt Grabow. Das Kitesurfen sei dort nur ein Aspekt unter vielen.
## Genervte Nationalparkverwaltung
Generell macht die Nationalparkverwaltung den Eindruck, als sei sie etwas
genervt von den Kitesurfern. „Da sind manche Einzelpersonen lautstark und
fühlen sich politisch wichtig“, sagt Grabow. Die Nationalparkverwaltung war
bis zur Klage der Kitesurfer der Auffassung, dass der Konflikt mit der
Kitesurf-Szene weitgehend befriedet sei.
Die Kläger fühlen sich dennoch weiterhin im Recht. Denn sie spüren
politischen Rückenwind aus Schleswig-Holstein. Die mitregierende FDP will
sich für die KiterInnen einsetzen. Laut Grabow werde das aber auf den
Prozess für Niedersachsen keinen Einfluss haben.
10 Aug 2017
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Wassersport
Naturschutz
Wattenmeer
Fremd und befremdlich
Nordsee
Naturschutz
Naturschutz
Hamburg
Robert Habeck
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