| # taz.de -- Kleingärten-Umwandlung: Lieber nicht zu viel Grün | |
| > Bremens Bausenator schlägt vor, aus brach liegenden Parzellen | |
| > Naherholungsgebiete zu machen. Der Verband der Kleingärtner ist dagegen. | |
| Bild: Soll weg: Ahorn, der die Kleingartenordnung sprengt | |
| Bremen taz | 460 Kleingärten stehen nach einer aktuellen Auflistung von | |
| Bau- und Umweltsenator Joachim Lohse leer, über die Hälfte davon im Bremer | |
| Westen. In einigen Vereinen werden sogar zehn bis 25 Prozent aller | |
| Parzellen nicht mehr bewirtschaftet. Lohse schlägt deshalb jetzt vor, dort | |
| Naherholungsgebiete anzulegen – und ausgerechnet der Dachverband der | |
| Kleingartenvereine, die Gartenfreunde Bremen, lehnt dies ab. „Dann schon | |
| lieber Wohnbebauung“, sagt die Geschäftsführerin des Verbands, Birgit | |
| Drechsler. | |
| Sie begründet dies mit der Sorge davor, dass diese Grünflächen von der | |
| Stadt dann nicht ausreichend gepflegt würden. „Anlegen und anschließend | |
| einmal im Jahr Totholz rausschneiden und das Gras schlegeln – das reicht | |
| uns nicht“, sagt Drechsler. „Wenn wir schon Flächen hergeben, dann nicht | |
| dafür, dass sie einen schädlichen Einfluss auf unsere Anlagen haben.“ | |
| ## Was fehle, seien Wohnungen | |
| Außerdem gebe es in Bremen bereits genügend Naherholungsgebiete, Wohnraum | |
| würde hingegen fehlen. „Wir wünschen uns eine Aufwertung der Stadtteile | |
| Walle und Gröpelingen und vernünftigen Geschosswohnbau, dann hätten wir | |
| gleich neue Interessenten für unsere Kleingärten“, sagt Drechsler. Damit | |
| widerspricht sie dem baupolitischen Sprecher der SPD, Jürgen Pohlmann, der | |
| im Mai gefordert hatte, auf Kleingartengebieten Reihen- oder Doppelhäuser | |
| für „den Mercedes-Arbeiter“ zu bauen. | |
| Die Gartenfreunde waren über diesen Vorstoß zu dem Zeitpunkt nicht amüsiert | |
| – weil er nicht mit ihnen abgesprochen war, so beschwerten sie sich im | |
| Weser Kurier. | |
| Doch SPD-Politikern, die neues Bauland fordern, fühlt sich der | |
| Landesverband der Kleingärtner immer noch näher als einem Bausenator, dem | |
| „Grün, grün, grün über alles“ gehe, wie die Gartenfreunde-Geschäftsfü… | |
| es nennt: „Da soll möglichst jede Pflanze stehen bleiben, auch dort, wo sie | |
| vielleicht gar nicht hin gehört und keinen ökologischen Nutzen hat.“ | |
| ## Zank um hohe Bäume | |
| Ein strittiges Thema zwischen der Kleingärtnerlobby und den Grünen ist der | |
| Umgang mit hoch gewachsenen Bäumen in Parzellengebieten. Die | |
| umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Maike Schaefer, hatte im Mai | |
| kritisiert, dass in Kleingärten die Baumschutzverordnung nicht gilt, und | |
| von einem Fall auf dem Stadtwerder berichtet, bei dem eine Parzellistin | |
| einen alten Ahorn fällen soll. „Das kann ja wohl nicht sein“, hatte | |
| Schaefer gesagt und auf die wichtige Funktion von Bäumen für das | |
| Stadtklima hingewiesen. | |
| Der Verein „Werder“ hat der Pächterin des Kleingartens jetzt zum 30. | |
| November gekündigt, weil sie der Aufforderung nicht nachgekommen ist, den | |
| Baum zu fällen. „Der Garten ist seit 100 Jahren in Familienbesitz“, sagt | |
| die Pächterin Barbara Wulff, ihr Urgroßvater habe den Garten 1917 von der | |
| Stadt Bremen gepachtet. Der Ahorn gehört für sie dazu, sie will ihn | |
| erhalten. | |
| Der Verein hält aber das Risiko für zu groß, dass Passanten von | |
| herabfällenden Ästen verletzt werden könnten. Der Baum, bei dem einige tote | |
| Äste zu erkennen sind, steht genau auf der Grenze der Parzelle: In der | |
| Hecke zum Strandweg am Weserufer. Zudem, schreibt die Vereinsvorsitzende in | |
| einer Mail, will der Verein nicht für die Fällkosten aufkommen, wenn Wulff | |
| den Garten irgendwann einmal abgibt – was er jetzt allerdings ohnehin tun | |
| müsste, wenn die Kosten nicht dem nachfolgenden Pächter aufgebürdet werden | |
| sollen. Wulffs Vater hätte den Baum bereits fällen sollen, sagt der Verein | |
| und begründet dies mit der Gartenordnung der Bremer Kleingartenvereine. | |
| Diese schreibt eine maximale Wuchshöhe von vier Metern vor. | |
| „Großwüchsige Park- und Waldbäume haben ihren Standort ausschließlich in | |
| den Anlagen des Gemeinschaftsgrüns“, heißt es weiter in der Gartenordnung. | |
| Konsequent eingehalten wird das aber nicht. In unmittelbarer Nähe des | |
| Ahorns befinden sich einige Bäume, die die vier Meter längst hinter sich | |
| gelassen haben. | |
| ## Gespräche stehen an | |
| Deshalb, sagt der Sprecher des Bausenators, Jens Tittmann, wolle man jetzt | |
| Gespräche mit dem Kleingartenverband führen, wie viele solcher | |
| „Problembäume“ es in der Stadt gibt. „Grundsätzlich haben wir ein | |
| Interesse, diese Bäume zu erhalten, müssen aber erst einmal wissen, was da | |
| auf uns zukommt, bevor wir uns für zuständig erklären.“ | |
| Im Fall des Ahorns auf dem Stadtwerder, so Tittmann, hoffe die Behörde, | |
| dass der Verein sich damit einverstanden erklärt, die Parzelle an die Stadt | |
| zurück zu geben, so dass diese sie direkt verpachten kann – mit der | |
| Auflage, dass die Pächterin den Baum von einem zertifizierten Baumpfleger | |
| beschneiden und begutachten lässt. | |
| 9 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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