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# taz.de -- Verdi-Sekretär über Charité-Streik: „Tägliche Überlastung“
> Wieder wird an der Uniklinik gestreikt. Würde der Tarifvertrag umgesetzt
> werden, wäre das nicht nötig, so Verdi-Sekretär Kalle Kunkel.
Bild: Streikende Charité-Pfleger, hier im Juni 2015
taz: Herr Kunkel, erst vor einem guten Jahr wurde an der Charité ein
Tarifvertrag für mehr Personal unterschrieben. Am Dienstag soll schon
wieder wegen fehlenden Personals gestreikt werden. Wieso das?
Kalle Kunkel: Es hat sich gezeigt, dass wir zwar gute Vorgaben für die
Personalausstattung auf den Stationen vereinbart haben, [1][diese aber
nicht verbindlich umgesetzt werden]. Vor allem wenn es zu Unterbesetzungen
kommt, reagiert die Charité nicht ausreichend. Nun wollen wir eindeutiger
regeln, was im Falle der Abweichung von der notwendigen Schichtbesetzung
passiert. Wenn es keinen Ersatz etwa aus dem Stellenpool oder durch
Leiharbeiter gibt, müssen eben auch Leistungen eingeschränkt werden, also
weniger Betten belegt oder weniger Operationen durchgeführt werden.
Hat sich mit dem Tarifvertrag, in dem bundesweit erstmals ein verbindlicher
Personalschlüssel vereinbart wurde, denn nichts gebessert?
Der Personalabbau ist gestoppt. Die Charité stellt wieder ein – aber nicht
genug. Die Behauptung, dass es jetzt schon mehr als 200 zusätzliche
Pflegekräfte gibt, können wir nicht überprüfen. In vielen Bereichen wird
immer noch so stark auf Leistungssteigerung gefahren, dass es täglich zu
Überlastungssituationen kommt.
Sind die Beschäftigten denn bereit, schon wieder zu streiken? Die
Auseinandersetzung um den letzten Tarifvertrag dauerte fünf Jahre.
Es gibt eine gewisse Ernüchterung, dass der erkämpfte Tarifvertrag nicht
schon zum Durchbruch geführt hat. Gleichzeitig sind die KollegInnen
unglaublich wütend, dass der Arbeitgeber weiterhin darauf setzt, möglichst
viele Betten zu belegen und OPs zu fahren, egal ob genug Personal vor Ort
ist. Deswegen haben wir grundsätzlich eine hohe Streikbereitschaft.
Aber?
Aktuell kämpfen wir damit, dass sich die Charité weigert, eine
Notdienstvereinbarung abzuschließen, wie es bislang üblich war. Diese sieht
vor, dass im Gegenzug für eine frühe Streikankündigung von uns weniger
Betten während der Streikzeit belegt werden. So bringt die Charité
Patienten gegen das Streikrecht der Beschäftigten in Stellung und
verhindert bei vielen KollegInnen eine Streikteilnahme.
Kritik haben nun auch Beschäftigte des im Januar neu eröffneten OP-Trakts
geübt. Woran hakt es da?
Viele Probleme resultieren daraus, dass es nun weniger Säle gibt als
zuvor, die zugleich auch noch weniger Platz bieten. Die Geräuschbelastung
ist enorm gestiegen. Patienten, die narkotisiert werden, sind nur durch ein
Tuch von anderen abgetrennt. Gleichzeitig soll hier weiterhin die gleiche
Leistung erbracht werden, es wird also mitunter bis in die Nachtstunden
hinein operiert. Einige Kollegen haben bereits gekündigt, aber passiert ist
nichts. So kommt es häufiger vor, dass eine Anästhesie-Pflegekraft nicht
mehr wie vorgesehen für einen Patienten zuständig, sondern für zwei bis
drei. Der Brandbrief, den die KollegInnen jetzt geschrieben haben, wäre in
diesem Punkt nicht notwendig, würde sich die Charité an den Tarifvertrag
halten.
Der Senat hat den neuen Charité-Vertrag beschlossen. Demnach steigt der
Zuschuss von aktuell 208 Millionen Euro bis 2022 auf 247 Millionen, die
privatisierte Tochterfirma Charité Facility Management GmbH (CFM) soll
rekommunalisiert werden. Sind Sie zufrieden?
Dass die Mittel aufgestockt werden, ist gut. Die Frage ist nur: Wie wird
damit umgegangen? Bei der CFM gilt: Auch eine 100- prozentige Tochter,
bleibt eine Tochter. Über die Bezahlung ist damit noch gar nichts gesagt.
7 Aug 2017
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## AUTOREN
Erik Peter
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