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# taz.de -- Ausweisung der deutschen Gründerin: Blindenzentrum in Tibet vor de…
> Zwei Jahrzehnte bildete Sabriye Tenberken blinde Kinder aus. Jetzt muss
> sie ausreisen. Grund dafür könnte ein zu starker „westlicher Einfluss“
> sein.
Bild: Sabriye Tenberken gründete 1998 das Blindenzentrum in Tibet
Peking taz | Sie hat für die tibetische Sprache die Blindenschrift
entwickelt und mit dem Blindenzentrum in Lhasa eine der in China
erfolgreichsten Schulen für Blinde und stark Sehbehinderte aufgebaut. Mehr
als 300 Kinder hat Sabriye Tenberken seit Gründung dieser Schule vor 19
Jahren ausgebildet und sie auf ein selbstständiges Leben vorbereitet. Nun
wird der 47-Jährigen das Visum nicht mehr verlängert. Sie muss aus Tibet
ausreisen. Ihrer Einrichtung droht die Schließung.
Bei einem Besuch in Tibet seien ihr und ihrer Organisation „Braille Without
Borders“ der Entwurf eines Auflösungsvertrags vorgelegt worden. Das
Zentrum, zu dem eine Grundschule im Stadtzentrum der tibetischen
Provinzhauptstadt Lhasa sowie eine Ausbildungsfarm etwas außerhalb von
Lhasa gehören, soll den Betrieb einstellen. „Das kam völlig überraschend�…
sagt Tenberken. Sie, ihr Partner, der Niederländer Paul Kronenberg, mit dem
sie gemeinsam das Blindenzentrum aufgebaut hat, sowie ein kanadischer
Mitarbeiter müssen noch am Donnerstag ausreisen.
Konkrete Gründe, warum das Zentrum nicht weitergeführt werden darf, wurden
ihnen nicht genannt. Tenberken und ihre Mitarbeiter hatten am Mittwoch ein
letztes Gespräch mit den chinesischen Behörden, nachdem sie drei Wochen
lang nicht empfangen wurden. Zugeständnisse blieben aus. Es kursiere das
Gerücht, den Behörden sei der „westliche Einfluss“ in dieser Einrichtung …
groß, so Tenberken.
China hat vor einem Jahr neue Gesetze beschlossen, die Arbeit von
Nichtregierungsorganisationen stärker regulieren sollen. Sie haben
allerdings zur Folge, dass Organisationen, Stiftungen und
Forschungseinrichtungen aus dem Ausland ihre Arbeit nur noch unter
erschwerten Bedingungen, zum Teil aber auch gar nicht mehr verrichten
können. Chinas Staatspräsident Xi Jinping sagte bei der Einführung der
Gesetze, er wolle für sein Land „eine zivilisierte Gesellschaft“ ohne
„westliche politische Einflüsse“.
## Kindern in Tibet zu Chancen verhelfen, die sie selbst hatte
Im Fall des von Tenberken gegründeten Blindenzentrums planen die Behörden
dem Auflösungsvertrag zufolge, die blinden Schüler in eine
chinesisch-tibetische „Spezialschule“ zu schicken. Tenberken befürchtet
jedoch, dass sie dort nicht ausreichend auf ein unabhängiges Leben und den
Besuch einer regulären Schule oder Universität vorbereitet würden, so wie
es sich ihre Schule zum Ziel gesetzt hat. „Für uns geht es nicht in erster
Linie darum, hier in China weitermachen zu dürfen. Wir wollen aber sicher
sein, dass die Kinder auch in Zukunft nach den gleichen Methoden
ausgebildet und in Regelschulen integriert werden.“
Tenberken will blinden Kindern in Tibet zu ähnlichen Chancen verhelfen, die
sie selbst hatte. Nachdem sie mit zwölf Jahren vollständig erblindete,
besuchte sie die Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg. Anschließend
studierte sie Tibetologie, Soziologie und Philosophie in Bonn. 1997 reiste
sie nach Tibet, wo sie ihren künftigen Partner Kronenberg kennenlernte.
Zusammen gründeten sie 1998 das „Blindenzentrum Tibet“ und die Organisation
„Braille Without Borders“. Sie ist benannt nach dem Franzosen Louis
Braille, der 1825 eine Schrift aus Punktmustern entwickelte. Sie hat sich
weltweit als Blindenschrift etabliert.
Tenbergen hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, etwa das
Bundesverdienstkreuz und den Albert-Schweizer-Preis in Basel. Auch die
chinesische Regierung wusste ihre Arbeit früher zu schätzen: Sie zeichnete
Tenbergen 2006 mit dem Nationalen Freundschaftspreis aus.
3 Aug 2017
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Tibet
China
Blinde
Braille
Lesestück Recherche und Reportage
China
Tibet
KP China
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