# taz.de -- Gleichgültigkeit gegenüber der US-Politik: Was muss Trump denn no… | |
> Es könnte sein, dass der Präsident tatsächlich „irre“ ist. Wenn das Ch… | |
> ein Ende haben soll, müssen die Republikaner ihn endlich stoppen. | |
Bild: Regieren aus dem Bauch heraus: Donald Trump | |
Eine dramatischere Nachricht als die Entlassung von Anthony Scaramucci hat | |
es seit der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump vermutlich nicht | |
gegeben. Nicht etwa deshalb, weil dessen Bedeutung für die Regierung im | |
Weißen Haus so groß gewesen wäre, sondern weil sie einen so deutlichen | |
Hinweis auf die Stimmungslage liefert. Nämlich Panik. Nackte Panik. | |
Der Mensch gewöhnt sich an fast alles. Deshalb dürfen Sensationen, | |
Schreckensmeldungen und Klatsch nicht allzu kurzfristig aufeinander folgen, | |
soll sich eine breite Öffentlichkeit dafür interessieren. Und deshalb | |
treibt das Schicksal des ebenso kurzfristig geheuerten wie gefeuerten | |
Kommunikationschefs im Weißen Haus den Blutdruck nicht in die Höhe. | |
Stattdessen stellt sich eine seltsame Lähmung ein, Ermüdung, sogar | |
Langeweile. Zu Unrecht. | |
Es ist wahr: Die Personalpolitik von Trump war immer für Überraschungen | |
gut. Aber niemals zuvor haben Veränderungen im Tableau einen so eindeutigen | |
Beleg für die Stimmung des Präsidenten geliefert. | |
Die Ernennung von Scaramucci war von Trump selbst begeistert gefeiert | |
worden. Nur wenige Tage später [1][wurde der Kommunikationschef von | |
Sicherheitskräften hinausbegleitet]. Das lässt sich beim besten Willen | |
nicht mehr als kluge Strategie verkaufen. Dahinter kann nur vollständige | |
Ratlosigkeit stecken. Das ist im Hinblick auf die Stimmungslage des | |
US-Präsidenten keine gute Nachricht. | |
## Twitter als Instrument | |
In den Morgensendungen des deutschen Fernsehens wurde die Personalie | |
pflichtschuldig vermeldet. Das wichtigste Thema des Tages aber war der | |
Dieselgipfel in Berlin. Vielleicht zu Recht, immerhin betrifft das Ergebnis | |
dieses Treffens viele Leute unmittelbar. | |
Die Frage, wer im Team von US-Präsident Donald Trump für Kommunikation | |
zuständig ist, scheint hingegen auf den ersten Blick nur für Politikjunkies | |
von Interesse zu sein. Aber eben nur auf den ersten Blick. Donald Trump | |
bricht alle Regeln, das ist bekannt, und er scheint stolz darauf zu sein. | |
Er nutzt Twitter, um wichtige Entscheidungen bekannt zu geben. Manchmal | |
vergisst er auch – oder scheint zu vergessen –, dass dieses Medium alleine | |
nicht genügt, um Verfügungen in Kraft zu setzen. | |
Beispiel: Seine Ankündigung, [2][Transgender dürften künftig in keinerlei | |
Funktion mehr im US-Militär dienen]. In drei Tweets hat er das bekräftigt. | |
Und was kam danach? Nichts. Kein Erlass, keine Verordnung. Nichts, was das | |
Pentagon hätte veranlassen können oder auch nur dürfen, den bisherigen Kurs | |
zu ändern. Also bleibt, zumindest erst einmal, alles beim Alten. | |
Eine gute Nachricht? Nicht wirklich. Wenn der US-Präsident nicht zu wissen | |
scheint, was er tut, dann dürfte das niemanden freuen. Nicht einmal seine | |
politischen Gegnerinnen und Gegner. Dafür ist seine Machtfülle allzu groß. | |
Und er kann damit allzu viel Unheil anrichten. | |
## Keine Ziele im Kongress durchgesetzt | |
Nüchtern betrachtet, ist die bisherige Bilanz von Donald Trump verheerend. | |
In den mehr als sechs Monaten seiner Amtszeit ist es ihm nicht gelungen, | |
auch nur ein einziges seiner wichtigen Vorhaben erfolgreich durch den | |
Kongress zu bringen: Nicht die Abschaffung von Obamacare, also eine Reform | |
der Reform des Gesundheitswesens, nicht den Bau einer Mauer an der Grenze | |
zu Mexiko, nicht seine Haushaltspläne. Was auch immer Trump bisher hat | |
durchsetzen können, beruhte auf Erlassen. | |
Seine Anhängerinnen und Anhänger – unbeirrt etwa 40 Prozent der Bevölkerung | |
– verweisen gerne darauf, dass Trump ja immerhin ein äußerst erfolgreicher | |
Geschäftsmann sei. Also vermutlich insgesamt eine kluge Strategie verfolge. | |
Woher glauben sie das eigentlich zu wissen? Der US-Präsident hat sich, im | |
Unterschied zu seinen Vorgängern, geweigert, umfassend Auskunft über seine | |
Steuererklärungen zu geben. | |
Was immerhin bekannt ist: Einer Steuererklärung von 1995 zufolge, die von | |
der New York Times unwidersprochen kurz vor der Wahl veröffentlicht wurde, | |
machte Trump in dem entsprechenden Jahr immerhin Verluste in Höhe von knapp | |
einer Milliarde Dollar geltend. Ein cleverer Schachzug? Oder ein Hinweis | |
auf einen Bankrotteur? Man weiß es nicht. Man weiß ja so wenig. Was – | |
immerhin – inzwischen feststeht: Donald Trump hat keines seiner politischen | |
Ziele im Kongress durchsetzen können. Seine Umfragewerte sind im Keller, | |
und nach allem, was bekannt ist, ärgert ihn das ungemein. Und nun lässt | |
sich also auch nicht mehr leugnen, dass seine Personalpolitik | |
orientierungslos ist. | |
Ein oder zwei Irrtümer bei der Besetzung wichtiger Posten werden | |
US-Präsidenten im Regelfall verziehen. Aber Trump scheint mehr als einige | |
lässliche Fehler begangen zu haben. Entweder er hatte keine Ahnung, wen er | |
eigentlich in ein öffentliches Amt berief – oder er fand Vergnügen an der | |
Vorstellung, seine Leute könnten einander öffentlich zerfleischen. Die Wahl | |
tut weh, was schlimmer wäre. | |
## Dieser Mann könnte auf den Knopf drücken | |
Der Mensch gewöhnt sich, wie gesagt, an fast alles. Also hat sich die Welt, | |
innerhalb und außerhalb der USA, inzwischen auch daran gewöhnt, dass Trump | |
unberechenbar ist, kein politisches Konzept hat und von Diplomatie weder | |
etwas hält noch etwas versteht. Salopp formuliert: Offenbar sitzt ein Irrer | |
im Weißen Haus – auch damit werden wir schon irgendwie klarkommen. | |
Klingt locker, klingt cool. Das Problem: Es könnte sein, dass Trump | |
tatsächlich ein „Irrer“ ist oder unter fortschreitender Demenz leidet – | |
womit, um das zu betonen, Menschen mit geistiger Behinderung keinesfalls | |
herabgewürdigt werden sollen. | |
Und dennoch muss man feststellen: Nicht allen Menschen mit einer geistigen | |
Behinderung würde man gerne die Verfügungsgewalt über den Knopf | |
anvertrauen, mit dem der Einsatz von Nuklearwaffen ausgelöst wird. Sehen | |
die US-Republikaner das genauso? Anders gefragt: Falls sie das nicht so | |
sehen – was genau muss Donald Trump noch tun, um die Unterstützung der | |
US-Republikaner zu verlieren? | |
Donald Trump – oder vielleicht vor allem: der Rest der Welt – hat Glück, | |
dass derzeit keine akute internationale Krise eine spontane Entscheidung | |
von ihm erfordert. | |
Aber das muss – und dürfte – ja nicht so bleiben. | |
1 Aug 2017 | |
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## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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