# taz.de -- Überproduktion in der Landwirtschaft: Der Butterberg ist wieder da | |
> Um den Preisverfall etwa bei Milch zu stoppen, hat die EU 2016 allein in | |
> Deutschland für 103 Millionen Euro Agrarprodukte eingelagert. | |
Bild: MoinMoin | |
Berlin taz | Weil die Bauern zu viel Milch produziert haben, sind die | |
sprichwörtlichen Butter- und Milchpulverberge der EU stark gewachsen. 2016 | |
haben die Behörden in Deutschland für 103,2 Millionen Euro vor allem | |
Milchprodukte aufgekauft und eingelagert, wie das Bundesagrarministerium | |
auf eine Frage des grünen Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff | |
geantwortet hat. 2015 wurden dafür nur 2,2 Millionen Euro ausgegeben. | |
Durch diese „öffentliche Intervention“ auf den Agrarmärkten will die | |
Europäische Union die Preise stützen, die die Landwirte erhalten. Sie nimmt | |
Ware vom Markt und verkauft sie wieder, sobald die Notierungen gestiegen | |
sind. | |
Laut Ostendorff zeigen die Zahlen: „Das System der industriellen | |
Tierhaltung für den Export macht keinen Sinn.“ Einerseits „verpesten | |
Tierfabriken Luft und Wasser“ und seien verantwortlich für „millionenfaches | |
Tierleid“. Andererseits produziere sie so viel, dass die Preise verfielen | |
und dann der Staat regulierend einspringen müsse. | |
„Diese Industrie wird mit Steuergeldern künstlich am Laufen gehalten“, so | |
der Grüne. Für Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) zähle eben, dass | |
für den Weltmarkt billig produziert werde. | |
## Auch Fleischkonzerne werden gestützt | |
Die Milchquote, mit der die EU die Produktion bis 2015 begrenzte, sei „als | |
staatlicher Eingriff in den freien Markt verteufelt“ worden. „Jetzt | |
beobachten wir ein drastisches Anwachsen an Milchpulvervorräten, um den | |
übersättigten Weltmarkt zu entlasten.“ Davon würden Industrieunternehmen | |
profitieren, während Bauernhöfe verschwänden. Insgesamt waren allein an | |
Magermilchpulver Anfang Juli 2017 rund 59.400 Tonnen eingelagert. 2015 | |
waren es nur 480 Tonnen gewesen. | |
Den höchsten Einzelbetrag für den Aufkauf von Agrarprodukten erhielt 2016 | |
Deutschlands größte Molkerei, Deutsches Milchkontor (DMK): 21,1 Millionen | |
Euro. Gekauft wurde auch Schweinefleisch. Deshalb waren unter den acht | |
größten Zahlungsempfängern für die private Lagerhaltung 2015 und 2016 | |
jeweils sechs Fleischkonzerne, zum Beispiel Tönnies und Danish Crown. | |
Dafür müssten die Unternehmen aber eine Gegenleistung erbringen, sagte | |
Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, der taz. | |
„Die öffentliche Intervention ist auch nicht das, was das System am Laufen | |
hält.“ Denn die EU greife erst dann ein, wenn der Preis extrem niedrig sei. | |
„Davon kann kein Landwirt dauerhaft überleben.“ Da sie die Waren später zu | |
einem höheren Preis verkaufe, mache sie auch keine Verluste. „Das ist keine | |
Verschwendung von staatlichem Geld.“ | |
Dennoch hält der Bauernverband bei einigen Produktgruppen, insbesondere | |
beim Schweinefleisch, öffentliche Ankäufe und Einlagerungsaktionen nicht | |
für sinnvoll. „Schließlich verkauft die öffentliche Hand die Lagerbestände | |
wieder, wenn sich der Markt erholt.“ Das verlangsame den Preisanstieg und | |
könne eine Markterholung belasten oder verzögern. | |
Das Bundesagrarministerium ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bisher | |
unbeantwortet. | |
23 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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