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# taz.de -- Bundestrainerin Jones nach EM-Aus: Alle mögen Steffi – fast alle
> Nach dem Ausscheiden im EM-Viertelfinale ist die Zukunft von Steffi Jones
> unklar. Ginge es nach den Spielerinnen, dürfte die Trainerin
> weiterarbeiten.
Bild: Steffi Jones direkt nach dem verlorenen Viertelfinale gegen Dänemark
SINT-MICHIELSGESTEL taz | Einen idyllischen Ort und ein beschauliches Hotel
mit einer Art Kirchtürmchen hat sich der Deutsche Fußball-Bund da im
kleinen niederländischen Ort Sint-Michielsgestel nahe ’s-Hertogenbosch
ausgesucht. Doch am Montagmorgen wollten alle möglichst schnell weg. Zügig
ratterten die schwarzen Rollkoffer zum Teambus. Gezogen von ihren müde bis
mürrisch dreinblickenden Besitzerinnen. Ein beklemmende Stimmung machte
sich breit. Um 9.45 Uhr verließ der Bus das Hotelgelände. Vor einem
EM-Halbfinale hat der achtmalige Europameister noch nie die Abreise
antreten müssen.
Die bittere 1:2-Viertelfinalniederlage gegen Dänemark vom Vortag hatte
zwangsläufig grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die weit über den
misslungenen Auftritt von Rotterdam hinausgehen. Bundestrainerin Steffi
Jones, die vergangen September ihren Job mit der Maßgabe antrat, man müsse
offensiver und kreativer spielen, um die Dauererfolge fortsetzen zu können,
ist bei ihrer ersten Bewährungsprobe gescheitert. Zwar wurde die starre
taktische Ordnung unter Vorgängerin Silvia Neid verlassen, den Spielerinnen
jedoch kein anderer erkennbarer Orientierungsrahmen an die Hand gegeben.
Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit war bereits in der Vorrunde
mit dem Auge kaum mehr zu überblicken gewesen.
Jones sprach kurz vor der Abreise von einer „bitteren Lehrstunde“ und
beschwor ein weiteres Mal den prozesshaften Charakter ihres Vorhabens. Die
Frage ist nun, ob der Deutsche Fußball-Bund, der Jones trotz der großen
Fallhöhe nach den deutschen Dauererfolgen als Berufsanfängerin einstellte,
an ihr festhalten soll?
Geht es nach den Spielerinnen, ist die Antwort klar. Die Kapitänin
Dzsenifer Marozsán warb am Montag am leidenschaftlichsten für Jones: „Es
tut mir am meisten leid für sie. Sie hat so viel Energie in die Mannschaft
gesteckt. Sie ist die Einzige, die es überhaupt nicht verdient hat.“ Auch
andere wie Sarah Däbritz oder Babett Peter stärkten Jones den Rücken. Egal,
wen man aus dem Team fragt, Jones Beliebtheitswerte sind kaum zu
übertreffen. Bundesligavertreter wie Siegfried Dietrich (1. FFC Frankfurt)
und Ralf Kellermann (VfL Wolfsburg) plädieren ebenso für eine
Weiterbeschäftigung.
## Distanzierte Einlassung aus der Ferne
Auch im Verband genoss sie bislang großes Vertrauen. Irritierend war dann
aber, dass DFB-Präsident Reinhard Grindel nur etwa zwei Stunden nach dem
Abpfiff via Facebook aus dem Urlaub postete, man sei vor allem über die
spielerische Leistung gegen Dänemark enttäuscht. Unabhängig von der
aktuellen Enttäuschung werde man mit allen Beteiligten überlegen, was zu
tun ist, um wieder erfolgreich zu sein.
Diese auch gegenüber Jones recht distanzierte Einlassung aus der Ferne
wirkte befremdlich. Zumal ja vor den angekündigten Gesprächen niemand ein
Statement aus dem Feriendomizil erwartet hätte. Die Frauenfußball-Vertreter
hätten den DFB-Chef zu dem so wichtigen Spiel sicher gern auch auf der
Tribüne begrüßt. Gewöhnliche Bundesligaspiele der Männer besucht Grindel
schließlich in schöner Regelmäßigkeit. Zumindest suchte Grindel am
Sonntagabend noch den persönlichen Kontakt und telefonierte mit Jones, wie
die 44-Jährige berichtete.
Sie zeigte vollstes Verständnis für die Reaktion ihres Vorgesetzten und
will in den anstehenden Gesprächen aufzeigen, wie ihre bislang wenig
vorzeigbare Arbeit mittel- und langfristig im Erfolg münden soll.
Gerade in Zeiten, da in der Tektonik des Frauenfußball einige
Verschiebungen zu beobachten sind, ist die weitere Stellenbesetzung des
Bundestrainerinnenamtes von wegweisender Bedeutung. Viele kleinere Nationen
sind dabei, die großen Rückstände zu den führenden Teams wie Deutschland
und Frankreich aufzuholen. Im Klubfußball drohen nach den französischen
auch die spanischen und englischen Teams den deutschen Vereinen den Rang
abzulaufen.
Möglicherweise macht es für den DFB Sinn, der Anfängerin Jones Zeit für
Korrekturen zuzugestehen und das Bündnis nicht nach der ersten
Erschütterung aufzulösen. Möglicherweise könnte eine genauere Analyse aber
auch zu der Erkenntnis führen, dass bis auf die stimmige Teamatmosphäre
nach zehn Monaten zu wenige der angekündigten Veränderungen zu erkennen
sind.
Weil der Frauenfußball nach dem Abgang von DFB-Chef Theo Zwanziger aus der
Ferne dirigiert wird, dürfte eine derartige Debatte schon aus
Bequemlichkeit eher oberflächlich geführt werden. Das mag für Steffi Jones
sprechen. Und das kann auch die richtige Wahl sein. Etwas mehr Rückenwind
wäre aber einer erfolgreichen Arbeit durchaus dienlich.
31 Jul 2017
## AUTOREN
Johannes Kopp
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Deutscher Fußballbund (DFB)
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