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# taz.de -- Strafgefangene in der Ostukraine: Zwangsarbeit zum Nulltarif
> In der Ostukraine müssen tausende Inhaftierte unter schweren
> Menschenrechtsverletzungen ihre Strafe verbüßen.
Bild: Prorussische Kämpfer in Lugansk
Kiew taz | Tausende Strafgefangene in der Ostukraine müssen Zwangsarbeit
verrichten. Damit erwirtschafteten die „Volksrepubliken“ von Donezk und
Lugansk bis zu 500.000 Euro im Monat, so ein Bericht des „Deutschlandfunks“
am Donnerstag. Die Menschenrechtsgruppe Ostukraine spricht von „Gulags mit
Moskaus Billigung“.
„Die terroristischen Organisationen, die sich ,Volksrepubliken Donezk und
Lugansk' nennen, internieren Andersdenkende in Konzentrationslagern. Die
Gefangenen müssen militärische Anlagen befestigen, Metall bearbeiten oder
andere Sklavenarbeit verrichten“, sagt Michail Makaruk, Sprecher des sich
als patriotisch verstehenden Netzwerks „InformNapalm“.
Die Rentnerin Elena, die aus Donezk stammt, nun aber in Kiew lebt und nach
wie vor die „Volksrepubliken“ unterstützt, bestätigt, dass Gefangene zur
Zwangsarbeit eingesetzt würden. „Bei uns ist es sehr streng. Doch dafür
gibt es in Donezk nicht so viel Kriminalität wie in Kiew“, versucht sie den
„harten Strafvollzug“ zu rechtfertigen.
Ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) wollte die
Berichte weder bestätigen noch dementieren. „Wir gehen den Informationen
über die Zwangsarbeit sehr genau nach. Derzeit können wir hierzu jedoch
nichts sagen“, erklärt IKRK-Sprecher Miladin Bogetic.
Zwar habe das IKRK im Dezember 2016 und im April 2017 bei einer
Paketübergabe an Gefangene in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten
auch die Möglichkeit zum Gespräch mit diesen gehabt. Insgesamt aber habe
das IKRK keinen Zugang zu Haftorten in den von Kiew nicht kontrollierten
Gebieten, so Bogetic. Das IKRK tue sein Bestes, um sicherzustellen, dass
Pakete auch bei den Gefangenen ankommen und man mit ihnen in Kontakt treten
könne.
Die Östliche Menschenrechtsgruppe, ein Zusammenschluss von
Menschenrechtlern aus dem Osten der Ukraine, berichtete bereits im
vergangenen Herbst von über 5.000 Gefangenen in Donezk und Lugansk, die
unter groben Menschenrechtsverletzungen ihre Strafe verbüßen. So würden
Gefangene, die noch vor dem Beginn der bewaffneten Kämpfe von ukrainischen
Gerichten verurteilt worden sind, auch nach Ablauf der Haftzeit nicht
freigelassen. Die sanitären und medizinischen Bedingungen seien
katastrophal, so die Menschenrechtler. Wer sich weigere zu arbeiten, müsse
mit Folter, Strafzelle oder Besuchsverbot für seine Angehörigen rechnen.
Aber auch in von Kiew kontrollierten Gefängnissen gibt es Missstände. So
hatte der Kiewer Radiosender Hromadske im November 2016 von katastrophalen
Haftbedingungen in den Gefängnissen von Odessa berichtet. „Wir sind wie
Sklaven“, zitiert der Sender eine Exgefangene des Frauengefängnisses Nr.
74. Zwischen einem und zehn Euro pro Monat sei den Gefangenen bezahlt
worden. Wer nicht habe arbeiten wollen, musste befürchten, nicht vorzeitig
aus der Haft entlassen zu werden.
13 Jul 2017
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Ostukraine
Zwangsarbeit
Ostukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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