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# taz.de -- Kommentar WhatsApp-Urteil: Richter mit Mission, Thema egal
> Ein Bad Hersfelder Richter urteilt über mangelnden Datenschutz, obwohl es
> um Kindschaftsrecht geht. Nur die Mütter bekommen Auflagen.
Bild: Wer WhatsApp Zugriff auf seine Kontakte gibt, ohne sie vorher zu fragen, …
Damit hatte die Mutter nicht gerechnet. Eigentlich wollte sie sich beim
Amtsgericht Bad Hersfeld beschweren, dass ihr Ex-Mann den gemeinsamen
zehnjährigen Sohn beim Umgang am Wochenende nicht genügend betreue. Doch
dann kam in der Verhandlung im März die Rede auf das Smartphone des Kindes
und dann war der [1][Richter in seinem Element].
Denn offensichtlich ist er ein Experte für die Datenschutzprobleme bei
WhatsApp. Er erklärte also der Mutter, dass bei WhatsApp regelmäßig
Datensätze der auf dem Smartphone gespeicherten Kontakte an einen Server in
Kalifornien gesandt werden und dass dies ein „deliktisches“ Verhalten des
Kindes sei, wenn nicht die Zustimmung all dieser Kontakte vorliege.
Die Mutter versuchte sich noch zu verteidigen, dass das ja nicht so schlimm
sein könne, schließlich hätten ja soviele Leute „WhatsApp“ auf ihren
Handys. Damit hatte sie sich aber endgültig disqualifiziert. Der
Datenschutzexperte und Familienrichter erließ nun Anordnungen zur Abwehr
von Gefahren für das Kindeswohl.
Die Mutter müsse alsbald Einverständniserklärungen aller WhatsApp-Kontakte
ihres Sohnes einholen oder dafür sorgen, dass die Kontakte vom Smartphone
entfernt werden. Außerdem müsse sie sich medienpädagogisch fortbilden. Dazu
müsse sie auf der Webseite „Klicksafe“ monatlich mindestens drei Texte
lesen und dies dem Gericht nachweisen. Klicksafe ist eine EU-Initiative für
mehr Sicherheit im Netz.
Das Vorgehen des Richters ist kein Einzelfall. Zwei Monate später, im Mai,
kam ein geschiedener Vater zu ihm und wollte den Wochenend-Umgang mit
seinem elfjährigen Sohn verlässlicher geregelt haben. Doch schnell kam
wieder die Rede auf das Smartphone des Kindes und wieder zeigte sich, dass
Eltern die datenschutz-rechtlichen Gefahren von Whatsapp völlig
unterschätzen. Erneut verpflichtete der Bad Hersfelder Richter die Mutter
(nicht den Vater) drei Texte monatlich auf Klicksafe zu lesen und so
weiter.
Nun ist das Amtsgericht Bad Hersfeld nicht für ganz Deutschland zuständig,
sondern nur für rund 110.000 Einwohner von Nantershausen im Norden bis
Schenklengsfeld im Süden. Aber der gewiefte Medienanwalt Christian Solmecke
hat das Urteil mit einer Pressemitteilung bundesweit bekannt gemacht und
die Frage aufgeworfen „Droht eine neue Abmahnwelle für WhatsApp-Nutzer?“
Muss nun jeder befürchten, von Freunden und Bekannten wegen „deliktischer“
Nutzung von WhatsApp abgemahnt zu werden. Doch das sei eine eher
„theoretische“ Gefahr, beruhigt der Anwalt.
Viel größer ist offensichtlich die Gefahr, wenn man sich mit
Umgangsproblemen an das Amtsgericht Bad Hersfeld wendet. Bald geht es dann
nicht mehr um das Kind und die Konflikte der Eltern, sondern nur noch um
den Datenschutz bei der WhatsApp-Nutzung. Und am Ende muss zumindest die
Mutter drei Artikel monatlich auf „Klicksafe“ lesen.
28 Jun 2017
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## AUTOREN
Christian Rath
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WhatsApp
Datenschutz
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