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# taz.de -- Prozess gegen den MDR: Erfolg – bis auf Weiteres
> In Erfurt wurde die Klage gegen eine Mafia-Doku zurückgewiesen. Das
> Urteil am Landgericht stärkt die Möglichkeit zur
> Verdachtsberichterstattung.
Bild: Wie italienische „Palmen“ in Erfurt gedeihen – das ist die Frage
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt hat am vergangenen Freitag die
Schadenersatzklage eines italienischen Gastronomen gegen den MDR
zurückgewiesen. [1][Anlass] war der MDR-Film „Provinz der Bosse – Mafia in
Mitteldeutschland“ von Axel Hemmerling, Ludwig [2][Kendzia] und Fabio
Ghelli.
Der Film dokumentiert mutmaßliche Aktivitäten der aus der süditalienischen
Region Kalabrien stammenden Mafiaorganisation ’Ndrangheta in Erfurt.
Speziell handelt er von Clans aus der Mafia-Hochburg San Luca/Locri, aus
der sowohl Opfer als auch Täter des Mafia-Massakers von Duisburg im August
2007 stammten.
Der klagende Gastronom aus Erfurt sah sich trotz Anonymisierung in der
Dokumentation mittelbar erkennbar und hatte den Sender und die Autoren auf
50.000 Euro verklagt. Das Gericht erkannte aber keinen schweren Eingriff in
die Intimsphäre. Der Kläger sei nur für einen kleinen Personenkreis
erkennbar gewesen und sein Name sei nicht genannt worden. Außerdem hätten
die Filmemacher den Mann vor der Ausstrahlung um eine Stellungnahme
gebeten. Diese Möglichkeit habe er nicht genutzt.
Zudem stärkte das Gericht das Recht auf die sogenannte
Verdachtsberichterstattung. Die sei gesetzlich zulässig, es überwiege das
[3][Informationsinteresse] der Öffentlichkeit.
## Zehn Jahre Duisburg
Beim MDR hängen bleiben könnten allerdings Abmahngebühren gegen
YouTube-Kanäle, die die erste, beanstandete Version des Filmes zeigten. Die
MDR-Dokumentation war im November 2015 ausgestrahlt worden. Nach einer
Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom August 2016 darf der Film
in der Ursprungsfassung nicht mehr gezeigt werden. Im November 2016 legten
die Autoren eine Neufassung vor, die unbeanstandet blieb und über die
ARD-Mediathek abgerufen werden kann.
Erfolg hatte der Gastronom auch mit einer Klage gegen die Journalistin und
Mafia-Expertin [4][Petra Reski.] Durch einen am 17. März 2016 in der
Wochenzeitung Der Freitag erschienenen Artikel, in dem er namentlich
erwähnt wurde, sah er seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Gegenstand von
Reskis Artikel war die erwähnte Klage gegen den MDR. Freitag-Verleger Jakob
Augstein allerdings ließ seine Autorin hängen und warf ihr „mangelhafte
Recherche“ vor – gegen diese Äußerung klagt nun die Journalistin. Sie
[5][spricht] von „schwerwiegender Diffamierung meiner Arbeit“.
Das Erfurter Urteil wird möglicherweise nicht das Ende der juristischen
Auseinandersetzung sein: Der Anwalt des Gastronomen hatte schon beim
Verhandlungstermin im Mai angekündigt, in Berufung zu gehen.
Ebenfalls abzuwarten bleibt, ob der [6][zehnte Jahrestag] des [7][Massakers
von Duisburg] am 15. August Anlass sein wird, die Präsenz der ’Ndrangheta –
der mächtigsten italienischen Mafia-Organisation – in Deutschland zu
thematisieren. Die italienische Anti-Mafia-Direktion DIA betont in ihrem
aktuellen [8][Bericht] vom Juni 2017 den einheitlichen Charakter der
’Ndrangheta. Auch eine vom BKA in einem Bericht aus dem Jahr 2008
ausführlich dargestellte Zelle in Erfurt, die personell mit der in Duisburg
verknüpft war, wäre demnach der Zentrale in Kalabrien
rechenschaftspflichtig.
Da die ’Ndrangheta laut DIA den Kokainhandel nach Europa kontrolliert,
müssen laufend enorme Geldsummen gewaschen werden. Dafür eignen sich
insbesondere Immobilien und Gastronomiebetriebe.
3 Jul 2017
## LINKS
[1] /!5409606/
[2] /!5351817/
[3] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mdr-autoren-gewinnen-prozess-1…
[4] https://www.generosity.com/fundraising/pressefreiheit-ist-kein-wort-es-ist-…
[5] /!5416935/
[6] /!428138/
[7] https://www.youtube.com/watch?v=GzKMLzgaB2c
[8] http://www.avvisopubblico.it/home/wp-content/uploads/2017/06/RELAZIONE-DNA-…
## AUTOREN
Ambros Waibel
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