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# taz.de -- Die Wahrheit: Drosselgasse der Subkultur
> Summer of Love: Kalifornien schickt sich an, in diesem Sommer 50 Jahre
> Hippietum altersgerecht und auf höchstem Niveau zu feiern.
Bild: Regenbogenbatikhemden fallen unters Betäubungsmittelgesetz
Nicht zu fassen: Der „Summer of Love“ wird in diesen Tagen fünfzig. Hippy
Birthday! Streng genommen hat er bereits im Januar 1967 begonnen, aber in
Kalifornien ist das mit den Jahreszeiten so eine Sache. Mark Twain hat
bekanntlich festgehalten: „Der kälteste Winter, den ich je erlebt habe, war
ein Sommer in San Francisco.“
Selbstverständlich erlebt dieser Sommer eine Riesen-Veteranensause. Beim
großen Be-in werden sich alle in die Arme fallen, bevor sie dann zum
Love-in ins Holiday Inn verschwinden, wo sie am nächsten Morgen – von
präseniler Bettflucht gebeutelt – der weltweit ersten
Flower-Power-Point-Präsentation beiwohnen. Nach dem Teach-In geht’s dann
vielleicht noch zum Drive-in bei McDonald’s. Smoke-ins wird man vermissen,
kein Hanfdampf ist mehr in allen Gassen, aber es gibt ja längst süße
Dope-Cupcakes.
Wenn man die Helden von einst mit ihren Rollatoren, Gehhilfen oder
Rollstühlen sieht, fühlt man sich an die Erscheinungsgrotte in Lourdes
erinnert, und so groß sind die Unterschiede ja nicht. Bands wie Jefferson
Toothbrush werden sich eiligst wiedervereinigen, jedenfalls jene
Überlebenden, die ohne gröbere Psychodellen aus dem Schlamassel
herausgekommen sind.
Was aber ist geblieben von Love, Peace and Happiness? In erster Linie das
Business, und wer heute über die legendäre Haight Street flaniert, bekommt
einen umfassenden Überblick über die Geschäftstüchtigkeit der
Nachfolgegenerationen: eine Drosselgasse der Subkultur. Tropfkerzen,
Patschuli-Flakons, Totenkopf-Bandanas, Batikunterwäsche überall. Sogar
Blumenläden gibt es noch, damit man sich zur floralen Befriedigung was ins
Haar oder sonst wohin stecken kann – und dann ab ins nächste Starbucks,
Blümchenkaffee trinken. In den USA geht es ohnehin recht blumig zu mit dem
Narziss im Weißen Haus. Seinetwegen sollte man besser einen „Summer of
Hate“ inszenieren. Friede und Freude sind ohnehin aus, dafür gibt es
Eierkuchen satt.
## Cannabispflanzen per Fleurop
Wer Sucht sucht, der findet – auf höchstem Niveau: Süßigkeiten, Wein, alles
wird in Kalifornien mit allerfeinstem Marihuana versetzt. Sogar
Marihuana selbst, seit das Kraut 2016 dort endgültig als Genussmittel
legalisiert wurde – eine Originalforderung aus dem Summer of Love. Bei uns
wird es wohl noch eine Weile dauern, bis wir Cannabispflanzen per Fleurop
verschicken dürfen. Wie werden die Deutschen so etwas angehen? Natürlich
per schriftlicher Eingabe bei der Cannabisagentur der Bundesopiumstelle.
Zum großen Revival in San Francisco gibt es natürlich auch
Underground-Ausstellungen, Underground-Filme und Underground-Performances,
zu denen man mit der Underground-Bahn BART anreisen kann. Zum
Seniorentarif, versteht sich, und natürlich gemächlichen Tempos: Don’t
hurry, be hippy.
Auch bei uns geht die Jugendbewegung ja gerade in Rente: Rainer Langhans
und Uschi Obermaier und all die anderen Altinternationalen, die nicht ohne
hohe Ablösesumme zur RAF abgewandert sind, für sie böte sich der Trip zum
Jubiläum in San Francisco an, vielleicht sogar als Kreuzfahrt.
30 Jun 2017
## AUTOREN
Thomas C. Breuer
## TAGS
Hippies
Kalifornien
Albanien
Finnland
Deutschland
Lärm
Schwerpunkt Angela Merkel
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