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# taz.de -- Die Wahrheit: Pingpong in Hongkong
> Da der Tourismus derzeit im Umbruch ist, werden die Reiseführer immer
> kleinteiliger und zeigen neue Seiten der Urlaubsgebiete.
Bild: Auch für Tierfreunde gibt es spezielle Werke wie das Hundetrainerbuch �…
Zur sommerlichen Reisezeit bieten die Verlage wieder eine Fülle an
Literatur für Fernwehgeplagte an. Wir haben uns in der Reisebuchhandlung
„Fa(h)r away“ in Bad Harzburg mit dem Buchhändler Julius Schoffenstein
getroffen, um seine Empfehlungen für die Saison 2017 zu hören.
Der 52-Jährige hat einen allgemeinen Trend ausgemacht: „Reisebücher werden
immer spezifischer.“ Das sei sicher der Tendenz geschuldet, dass der
klassische Reiseführer inzwischen alles gesagt habe und man im Internet
Informationen über alle Reiseziele bekomme. Wer bereits neun Mal
Allgemeines über den Buckingham Palace, Machu Picchu oder das Great
Barrier Reef gelesen habe, wolle es nicht noch ein zehntes Mal vorgekaut
bekommen. „Daher gehen Reisebuchautoren immer stärker ins Detail,
beleuchten historische Hintergründe oder schreiben über Persönlichkeiten,
die aus der fraglichen Region kommen oder diese geprägt haben“, so
Schoffenstein. „Das kann sehr spezifisch werden. Aber das wollen die Leser
heute so.“
Ein Beispiel dafür ist der opulent aufgemachte Band „Schostakowitsch in
Massachusetts“, der eine bislang völlig unbekannte Episode im Leben des
russischen Komponisten aufarbeitet. „Der Musikhistoriker Guy Barhop hat
herausgefunden, dass Schostakowitsch sich 1952 inkognito in dem
US-Bundesstaat aufgehalten hat, um sich medizinisch behandeln zu lassen“,
erläutert Schoffenstein.
## Ein kleines Juwel
Aber auch in heimischen Gefilden seien natürlich bedeutende Musiker zu Gast
gewesen, wie dem reich bebilderten Titel „Lang Lang in Baden-Baden“ zu
entnehmen sei. Auch gekrönte Häupter ziehen das Interesse der Leserschaft
auf sich, daher verweist Schoffenstein auf den soeben erschienenen Band
„Familie Sommerlath in Königswinter“, ausgestattet mit vielen bisher
unveröffentlichten Fotos aus der Jugend von Silvia Sommerlath, der heutigen
Königin Silvia von Schweden. „Ein kleines Juwel“, wie Schoffenstein betont.
„Interessant für die Leser ist nach wie vor auch die Verbindung von Sport
und Reisen“, fährt er fort. „Sie wissen schon, mal eben zum Golfen nach
Bahrain oder zum Skifahren nach Aspen – das ist in gewissen Kreisen heute
ja schon fast Standard.“ Aktuelle Reisebücher würden diese klassische Linie
aufgreifen, aber viel kleinteiliger interpretieren. Schoffenstein, selbst
„bekennender Tischtennisspieler“, greift nach dem schmalen Band „Ping Pong
in Hongkong“: „In diesem Buch findet man die angesagtesten Orte zum
Tischtennisspielen, man lernt Hinterhöfe kennen, auf die man sonst nie
gestoßen wäre!“ Schoffensteins Augen beginnen zu leuchten. „Und toll
aufgemacht ist das Buch auch noch.“
Natürlich darf auch der Skisport in der aktuellen Reiseliteratur nicht
fehlen, „aber auf die Orte kommt es an“, so Schoffenstein. Hier sei
besonders der Band „Ski, Scharia, Shisha“ zu erwähnen: „Dieser Band gibt
einmalige Einblicke in ein Land, das wenig von Individualtouristen besucht
wird. Und es stellt die wichtigsten Skigebiete im iranischen Hochland vor.“
Natürlich kämen auch Krimifans in der aktuellen Reiseliteratur auf ihre
Kosten, so Schoffenstein: „Eine Mischung aus Krimi und Reiseführer ist
derzeit bei einigen Verlagen schwer im Kommen.“ Dabei seien beispielhaft
die neuen Titel „Alibi in Malibu“ und „Kam er um in Kamerun?“ zu nennen.
Sie verbänden Lokalkolorit und historische Hintergründe mit rasanter
Handlung. „Kam er um in Kamerun?“ punkte zusätzlich mit einer Aufarbeitung
der deutschen Kolonialgeschichte.
## Dramatische Liebesgeschichte
Wer keine Krimis möge, könne sich an Titel wie den Liebesroman „Myanmar,
mon Amour“ halten, so Schoffenstein. Er erzähle die Liebesgeschichte eines
französischen Diplomaten und eines myanmarischen Dienstmädchens in den
Wirren der Militärdiktatur. „Auch hier wird einiges über Geschichte und
Geografie der Region vermittelt.“
Zum Schluss empfiehlt der Buchhändler ein stark autobiografisch gefärbtes
Werk, das seiner Meinung nach einen kommenden Trend repräsentiere: „In dem
Buch ‚Als Autistin in Austin‘ erzählt die Autorin Miriam Backeder, die
selbst vom Asperger-Syndrom betroffen ist, welchen Herausforderungen sie
sich auf einer Reise nach Texas stellen musste.“
Buchhändler Julius Schoffenstein gründete seinen Reisebuchladen 2008. Nach
einer Kindheit und Jugend in der DDR mit ihren Reisebeschränkungen sei er
nach der Grenzöffnung zunächst „exzessiv“ gereist, aber inzwischen ist er
nach eigenen Worten „ruhiger geworden“. Außerdem arbeitet er selbst an
seinem ersten Reisebuch. Darin begibt er sich auf die literarische Spuren
des jungen Heinrich von Kleist sowie zum Klettern ins Tiroler Oberland.
„Schoffenstein auf Schroffenstein“ soll das Werk heißen.
27 Jun 2017
## AUTOREN
Tanja Küddelsmann
## TAGS
Tourismus
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Skiwandern
Obst und Gemüse
Hongkong
William Shakespeare
Brot
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