# taz.de -- Politische Situation in Rumänien: Bukarester „Putschversuch“ | |
> Die Sozialdemokraten wollen ihren eigenen Premier loswerden. Sorin | |
> Grindeanu habe das Regierungsprogramm nicht umgesetzt. | |
Bild: Premier Grindeanu: Am Mittwoch oder Donnerstag will das Parlament abstimm… | |
BERLIN |taz | Absurdes Theater in Rumänien: Die Regierungskoalition aus | |
sozialdemokratischer Partei (PSD) und der Allianz der Liberalen und | |
Demokraten (ALDE) will ihren Premier Sorin Grindeanu loswerden. Der Chef | |
der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, begründete seinen Vorstoß mit dem | |
vagen Hinweis, Grindeanu habe das Anfang des Jahres verabschiedete | |
Regierungsprogramm nicht umgesetzt. Er warf ihm Versäumnisse bezüglich der | |
Investitionsfonds vor. Grindeanu wies die Anschuldigungen zurück und | |
erklärte, er werde keinesfalls zurücktreten und erst dann aus dem Amt | |
scheiden, wenn das Parlament das beschließe. | |
Inzwischen haben die meisten Minister ihren Rücktritt erklärt. Grindeanu | |
ernannte im Gegenzug einen neuen Generalsekretär seiner Regierung, den des | |
Plagiats überführten umstrittenen Expremier Victor Ponta. Als Strafmaßnahme | |
wurden beide aus der PSD ausgeschlossen. | |
Sozichef Dragnea und die ALDE-Führung kündigten an, den Premier durch einen | |
Misstrauensantrag abzusetzen. Am Mittwoch oder Donnerstag soll das | |
Parlament darüber abstimmen. Um die benötigte Stimmenanzahl nicht zu | |
verfehlen, fädelte Dragnea Gespräche mit dem Demokratischen Verband der | |
Rumänienungarn (UDMR) ein und versprach diesem eine Beteiligung an dem | |
neuen Kabinett, die Verabschiedung eines Minderheitenschutzgesetzes sowie | |
die Einführung eines Ungarntags, der jährlich am 15. März – dem | |
Nationalfeiertag Ungarns – begangen werden soll. Zudem soll der gesetzlich | |
vorgeschriebene Minderheitenbevölkerungsanteil von 20 auf 10 Prozent | |
herabgesetzt werden, um in der öffentlichen Verwaltung, der Polizei und der | |
Justiz den Gebrauch der Minderheitensprache – neben der rumänischen | |
Staatsprache – zu gewährleisten. | |
Der freundliche Ton Dragneas gegenüber den Rumänienungarn ist auf das | |
Buhlen um die parlamentarische Unterstützung des Verbands zurückzuführen. | |
Der Verband signalisierte seine Zustimmung, als Mehrheitsbeschaffer zu | |
fungieren, falls seinen Forderungen stattgegeben werde. Zuvor hatten einige | |
Sozialdemokraten angekündigt, gegen das Absetzungsverfahren zu votieren. | |
## „Lage ist stabil“ | |
Bislang war Dragnea eher durch minderheitenfeindliche und | |
verschwörungstheoretische Bemerkungen aufgefallen. Als Zielscheibe diente | |
ihm der in Ungarn geborene US-Philanthrop und Milliardär George Soros, dem | |
er unterstellte, Teilnehmer an den Antikorruptionskundgebungen Anfang des | |
Jahres bezahlt zu haben. | |
Sowohl gegen Liviu Dragnea als auch gegen ALDE-Chef Calin Popescu Tariceanu | |
laufen Ermittlungsverfahren der Antikorruptionsbehörde (DNA). | |
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, | |
versicherte der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis am Montag in | |
Berlin, die Situation in Bukarest sei stabil. Die Außenpolitik seines | |
Landes werde unverändert fortgeführt. | |
20 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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