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# taz.de -- Gesetz zum Schutz von LGBTI: Kanada lässt die Gender fließen
> Das kanadische Parlament billigt den Schutz von Transgender – und wird
> damit zum Vorreiter für LGBTI-Rechte.
Bild: Torontos Royal Bank leuchtet in Gaypride-Farben
Edmonton taz | Schon als Kind wusste Marni Panas, dass sie anders ist. „Ich
habe mich nie als Junge gefühlt und habe lange mein wahres Ich versteckt“,
erzählt sie. Damals trug Panas noch den Vornamen Marcel, wuchs in einer
katholischen Familie auf und lebte in einem Dorf irgendwo in den Prärien
Kanadas.
Heute ist Panas eine Mittvierzigerin und wohnt in Edmonton. Vor gut zwei
Jahren hat sie ihren männlichen Geburtsnamen abgelegt und lebt seitdem als
Frau, mit jenem Geschlecht also, mit dem sie sich identifiziert. „Das wahre
Geschlecht einer Person findet sich im Herzen, im Verstand und in der Seele
und nicht in den Geschlechtsmerkmalen“, sagt sie.
Für Panas war das Coming-out als Transgender ein langer Weg, verbunden mit
Ausgrenzung und Diskriminierung. „Ich habe mein ganzes Leben neu sortieren
müssen und habe dabei viel aufs Spiel gesetzt: meine Familie, meinen Job,
meine Freunde.“ Auch ihr neunjähriger Sohn Alex hat sich daran gewöhnen
müssen, dass sein Vater zur Mutter wurde.
Doch dank der Unterstützung von Freunden und Familie und mit der Hilfe von
Therapeuten hat Panas einen guten Job gefunden, hat eine feste Freundin und
das Verhältnis zu ihrem Sohn ist prima. In Ottawa wurden beide Zeugen eines
historischen Beschlusses: Am Donnerstag billigte das kanadische Oberhaus in
Ottawa ein Gesetz zum Schutz und zur Gleichberechtigung von Transgender.
Das Unterhaus hatte schon im Herbst zugestimmt. Dabei geht es um Menschen
wie Panas, die sich mit ihrem Geburtsgeschlecht nur unzureichend oder gar
nicht identifizieren.
## Hassverbrechen härter bestrafen
Das neue Gesetz schreibt jetzt erstmals fest, dass niemand vom Staat wegen
seiner geschlechtlichen Identität oder seinem Geschlechtsausdruck
benachteiligt werden darf. Hasspredigten gegenüber Transgender werden
illegal. Verbrechen, die auf Vorurteilen oder gar Hass beruhen, werden
härter bestraft.
Durch das neue Gesetz werden immer mehr Einrichtungen und Regierungsgebäude
geschlechterneutrale Toiletten einführen. Transgender-Beamte haben einen
Anspruch auf einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz. Strafgefangene
müssen gemäß ihrer Geschlechtsidentität untergebracht werden.
Das Gesetz wird auch auf Behörden ausstrahlen: So sollen Inhaber von
Reisepässen und Ausweisen künftig auch „neutrales Geschlecht“ wählen
können. Eine entsprechende Regelung gilt für Besucher aus dem Ausland, die
die neue elektronische Einreisegenehmigung für Kanada beantragen.
Auch die Provinzen haben Schutzgesetze verabschiedet. In Ontario wurden
Geschlechtsangaben auf Führerscheinen und Versichertenkarten gestrichen. In
British Columbia können Bürger das Geschlecht auf der Geburtsurkunde auch
ohne Operation ändern lassen. In Alberta sind Lehrer angehalten, im
Unterricht geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden.
Anders als in den USA findet in Kanada kein Kulturkampf um Transgender
statt. Nach einer Umfrage des Angus-Reid-Instituts sind 84 Prozent der
Kanadier für das neue Gesetz, 70 Prozent befürworten eine Gesellschaft mit
fließenden Geschlechterrollen, 59 Prozent sind für eine Neugestaltung der
Personalausweise.
19 Jun 2017
## AUTOREN
Jörg Michel
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Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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