# taz.de -- Terroranschläge in Großbritannien: Theresa May will durchgreifen | |
> „Genug ist genug!“, sagt die britische Premierministerin in Reaktion auf | |
> den neuen Anschlag in London: „Die Dinge müssen sich ändern.“ | |
Bild: Die Premierministerin während ihres Statements am Sonntag | |
CAMBRIDGE taz | Die britischen Parlamentswahlen am 8. Juni werden trotz des | |
erneuten [1][Terroranschlages in London] am späten Samstagabend stattfinden | |
– das bestätigte Premierministerin Theresa May, als sie am Sonntag vor | |
ihrem Londoner Amtssitz in 10 Downing Street vor die Presse trat. Aber der | |
Wahltermin ist so ziemlich das einzige, das unverändert bleiben soll. | |
„Genug ist genug!“ forderte die Regierungschefin in entschlossenen Tönen. | |
„Wenn es um Terror und Extremismus geht, müssen sich die Dinge ändern.“ | |
Der Anschlag am südlichen Ende der London Bridge im Zentrum der britischen | |
Hauptstadt forderte 10 Tote – darunter die drei mutmaßlichen Angreifer, die | |
innerhalb weniger Minuten, nachdem sie mit ihrem Lieferwagen in eine | |
Menschenmenge gestürmt, dann ausgestiegen waren und gezielt Dutzende | |
Passanten niedergestochen hatten, von der herbeigeeilten Polizei erschossen | |
wurden. Es ist der zweite Anschlag in Großbritannien im laufenden | |
Wahlkampf, nach dem Selbstmordattentat auf ein Popkonzert in Manchester am | |
22. Mai, und der dritte in drei Monaten. | |
„Wir können und dürfen nicht so tun, als könnten die Dinge weitergehen wie | |
bisher“, erklärte May in ihrem Statement nach einem Sondertreffen ihres | |
Sicherheitskabinetts. Die drei Angriffe hingen zwar miteinander nicht | |
zusammen, wohl aber seien sie „verbunden durch die böse Ideologie des | |
islamistischen Extremismus, der Hass predigt, Spaltung sät und Sektierertum | |
fördert (…) Diese Ideologie zu besiegen ist eine der größten | |
Herausforderungen unserer Zeit. Und sie kann nicht durch militärische | |
Intervention allein besiegt werden.“ Nötig sei, die Menschen von diesem | |
Denken abzubringen. | |
Für May geht es darum, dem radikalen Islamismus die „sicheren Räume“ („… | |
spaces“) sowohl im Internet als auch in der realen Welt zu nehmen. Im | |
Internet heiße dies bessere Kontrolle auch der sozialen Netzwerke, was | |
durch Abkommen mit „demokratischen verbündeten Regierungen“ – also wohl | |
nicht Russland oder China, wohl aber in der EU und den USA – zu erzielen | |
sei. In der Realität heiße dies, nicht bloß in Irak und Syrien den | |
sogenannten Islamischen Staat (IS) militärisch zu bekämpfen, sondern gegen | |
islamistische Ideologie in Großbritannien selbst vorzugehen. | |
## Die Ex-Innenministerin in der Kritik | |
„Es gibt, um ehrlich zu sein, viel zu viel Toleranz von Extremismus in | |
unserem Land. Also müssen wir viel robuster werden, um ihn zu | |
identifizieren und auszuschalten, im öffentlichen Dienst und quer durch die | |
Gesellschaft“, so May. Das ganze Land müsse in dieser Aufgabe | |
zusammenkommen – „keine getrennten, segregierten Gemeinschaften, sondern | |
ein einziges, wahrhaft Vereinigtes Königreich“. | |
Als letzten Punkt stellte May eine umfassende Überprüfung der bisherigen | |
Anti-Terror-Politik in Aussicht. Dies dürfte zu viel Selbstkritik führen, | |
denn für die britische Anti-Terror-Politik war May, bevor sie 2016 | |
Premierministerin wurde, als Innenministerin zuständig gewesen, seit die | |
Konservativen im Jahr 2010 Labour an der Regierung ablösten. | |
Damals war die Tendenz gewesen, Labours Überwachungstendenzen aus der Zeit | |
des als zunehmend autoritär empfundenen Tony Blair entgegenzuwirken. So | |
verwarfen die Konservativen nach ihrem Wahlsieg 2010 Labours Pläne zur | |
Einführung einer Ausweispflicht. Schon Ende 2005, einige Monate nach den | |
Londoner U-Bahn-Anschlägen, hatten sie im Parlament Blairs Pläne zu Fall | |
gebracht, Terrorverdächtige ohne Anklage bis zu 90 Tage in Haft nehmen zu | |
können – gemeinsam mit dem linken Labour-Flügel, zu dem der heutige | |
Labour-Chef Jeremy Corbyn gehörte. Die Obergrenze für Untersuchungshaft | |
ohne Anklage für Terrorverdächtige blieb bei 28 Tagen und wurde 2011 von | |
Innenministerin May auf 14 halbiert. | |
Dass May und Corbyn einst gemeinsam gegen Blairs Anti-Terror-Politik | |
stimmten, hört May heute gar nicht gern. Im laufenden Wahlkampf hat bisher | |
trotz des Anschlags von Manchester lediglich die rechtspopulistische UKIP, | |
die ansonsten wenig zu melden hat, einen deutlich härteren Kurs gegen | |
radikale Islamisten gefordert, einschließlich Internierung für Gefährder | |
und Wiedereinführung der Todesstrafe. Das lehnen alle anderen Parteien | |
strikt ab. | |
4 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Anschlag-von-London/!5417670 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Großbritannien | |
London | |
Terrorismus | |
Theresa May | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Wahlen Großbritannien | |
London | |
Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
London | |
London | |
London | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar May und Menschenrechte: Macron macht’s genauso | |
Theresa May will Menschenrechte zugunsten des Antiterrorkampfes | |
suspendieren. Die Reaktion mancher Linksliberaler ist nicht konsistent. | |
Unterhauswahl in Großbritannien: Wahlkampf im Zeichen des Terrors | |
Nach drei Anschlägen ist der Kampf gegen den Terror zum zentralen | |
Wahlkampfthema geworden. Theresa May ist heftiger Kritik ausgesetzt. | |
Fake-News-Vorwurf gegen CNN: Inszenierte Demo-Bilder? | |
CNN soll eine Demo muslimischer Protestler in London verfälschend | |
inszeniert haben, urteilt ein konservativer Aktivist. „Nonsense“, sagt der | |
Sender. | |
Kommentar Terror in London: Das Internet ist schuld | |
Theresa May fordert, dass Google & Co. extremistisches Gedankengut im Netz | |
löschen. Dabei geht es nicht um Sicherheit, sondern um Wählerstimmen. | |
Nach dem Anschlag in Großbritannien: London gedenkt, Polizei ermittelt | |
Während die Londoner nach dem Anschlag enger zusammenrücken, gibt die | |
Polizei erste Informationen zu den drei Tätern bekannt. | |
Trump-Tweets zum Londoner Anschlag: Erst nachdenken, dann twittern | |
Statt den Opfern sein Mitgefühl auszusprechen, wirbt Donald Trump auf | |
Twitter für den „Travel Ban“. Auch Londons Bürgermeister wird zum Ziel. | |
Anschlag in Großbritannien: Festnahmen und Razzien in London | |
Nach dem Terrorangriff mit insgesamt zehn Toten hat die Polizei weitere | |
Personen festgenommen. Antiterrorermittler durchsuchten Häuser. | |
Nach dem Anschlag von London: Angriffe erschüttern Großbritannien | |
Am Donnerstag wird ein neues Unterhaus gewählt. Eine Verschiebung des | |
Termins wegen der Anschläge lehnt Londons Bürgermeister ab. | |
Anschlag in London: Sieben Tote, Dutzende Verletzte | |
Erneut sterben Menschen bei einem Angriff in der britischen Hauptstadt. | |
Wieder nutzen die Täter ein Fahrzeug, um Menschen zu töten. |